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Winterzehen – ein typisch niederländisches Leiden?

Last updated on 16-12-2022

Ein paar Mal in meinem Leben hatte ich sie schon: wintertenen – beständig kribbelnde Zehen in den Wintermonaten. Nicht schlimm, aber lästig, zumal man mit dicken Schuhen und Socken an nicht mal so eben lindernd kratzen kann.

Lange habe ich gedacht, dass die Deutschen immun sind gegen wintertenen, denn hierzulande klagt in der kalten Jahreszeit niemand über Winterzehen. Dann kam ich auf die Idee, über den lateinischen Namen nach diesem Leiden zu suchen. Unter Perniosis und Perniones wurde ich fündig.

Winterzehe
meine niederländischen Winterzehen

Frostbeulen

Frostbeulen heißen diese juckenden und manchmal geröteten Hautstellen im Deutschen. Allerdings scheint sich das Wort eher auf ein schon fortgeschrittenes Stadium zu beziehen. Beulen rufen bei mir gleich Assozationen mit der Pest oder mit erschöpften napoleontischen Soldaten im Schnee hervor.

Da ist mir die eher unverfängliche niederländische Bezeichnung wintertenen doch sympathischer. Von Schwellungen muss auch gar nicht die Rede sein. Das Hauptsymptom ist ein Kribbeln in den betroffenen Gliedmaßen. In dieser Ausprägung sind die Beschwerden nicht gefährlich und gehen von allein auch wieder weg.

Winterhände

Auch Hände können von Perniones betroffen sein. Dann sind es im Niederländischen eben winterhanden. Auch darüber höre ich hier in meiner Wahlheimat Deutschland niemanden klagen.

die menschliche Frostbeule

Das Wort Frostbeule an sich war mir schon geläufig. Allerdings nur in der übertragenen Bedeutung als jemand, der schnell friert. Eine solche Person nennt man im Niederländischen een koukleum.

Dies ist die aktualisierte fassung eines ursprünglich am 23. Februar 2011 erschienenen Artikels.

17 Kommentare

  1. Huldra Huldra

    Ik vond steeds, dat het woord „verkleumd“ precies zegt hoe je voelt. Het is koud, het is een beetje vochtig en je loopt of fietst tegen de wind en wil net nóg een beetje dieper in je jas inkruipen en de kou slaat tot op je botten. Brrr. En dan kom je thuis en bent helemaal krom van de kou – „verkleumd“!

    • Bildhafter hätte man es kaum beschreiben können :-)

    • (Das gibt/gab es übrigens auf plattdeutsch auch: „verklomt“ für „durchgefroren“, also zum Beispiel für steifgefrorene Finger.)

      • Thorsten Leemhuis Thorsten Leemhuis

        Ich kenne ‚verklomt‘ so nicht – in der ostfriesischen Region, in der ich aufgewachsen bin (Landkreis Leer/Rheiderland bzw. Moormerland), sagte man eher das im Kommentar von Huldra erwähnte ‚verkleumd‘ — kann aber auch sein, dass man das auf Plattdeutsch eher ‚verklömt‘ schreibt, und von da ist es dann ja nicht mehr weit nach ‚verklomt‘ ;-)

        • Meine Güte, es gab/gibt (trotz einiger Bemühungen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts) keine einheitliche plattdeutsche Orthographie oder „Hochsprache“! Es gibt oder gab (glaube ich) vier Hauptgruppen von Dialekten – und de facto hat sich das von Dorf zu Dorf erheblich unterschieden.

          Ich schreibe das auch hier in der Vergangenheit, denn de facto ist Plattdeutsch tot und wird nur noch von eine paar Lehrer-Typen und Wikipedia-Kauzen im Wachkoma gehalten. Ich wüßte zum Beispiel nicht, daß noch Kinder auf platt erzogen werden – das war „bei uns“ (südl. Bremen) schon in meiner Kindheit (70er) nicht mehr üblich.

          • Das frühe Neu-Niederländische (1500–1700) kennt die Formen verkleumen, verkloemen und verklomen (Bedeutung: steif werden/erstarren vor Kälte).

  2. Witziger Artikel – toll! Wusste ich auch nicht, dass ihr Winterzehen habt. Wir Deutschen lieben es halt mit „Frostbeulen“ etwas dramatischer ;-)

  3. Lol, danke! Nun konnte ich meinem Freund endlich erklären, dass meine Winterzehe also Frostbeulen sind, und ich deswegen keine Wärmeflasche im Bett haben möchte ;-) Letzte Woche hat er mich nicht verstanden, jetzt aber :)

    • Ich freue mich, zur deutsch-niederländischen Verständigung beigetragen zu haben ;-)

  4. Manchmal glaube ich, Krankheiten und körperliche Leiden sind kulturell bedingt. Meines Wissens kennen Niederländer keine Kreislaufstörungen. Auch sind sie nicht wetterfühlig: das Biowettergerede bleibt mir auch nach Jahren in Deutschland rätselhaft. Weil in Holland das Wetter so instabil oder nass oder trüb oder neblig ist, verbindet man am besten gar keine Gefühle damit: man hätte ja kein Leben! Auch Allergien sind in Holland meines Erachtens seltener. Vielleicht ist die Ursache die relative Seltenheit von Pflanzen und Bäumen dort.

    Dagegen haben Holländer häufiger psychische Leiden. Deutsche können sich solche nicht leisten; sie möchten ja nicht entlassen oder für verrückt gehalten werden. Darum beschränken sie sich auf einen einfachen ‘Streß’. Zugegeben, das Burnout Syndrom ist im Kommen. Aber überarbeitet sein gilt noch halbwegs als ehrenvoll; Seelenleid ohne Weiteres hat total keine Konjunktur.

    • Hinter Deinem Kommentar verbirgt sich Stoff für viele weitere Posts ;-)

  5. […] Minustemperaturen im zweistelligen Bereich waren an der Tagesordnung. Fast hätte ich mir wieder Winterzehen geholt. Für eine Neuauflage des legendären Elfstedentocht – ein Schlittschuh-Langstreckenrennen […]

  6. Bernd Bernd

    … in Thüringen, in der Ecke aus der meine Eltern stammen, kennt man diese sehr kalten Zehen oder kalte Hände nach viel Schneeballwerfen als „Bitzel“. So hatte ich als Kind oft einen Bitzel, aber niemand verstand mich. Auch heute kenne ich dafür im Deutschen noch kein anderes Wort.

    • Zwar nicht das Gleiche wie die niederländischen wintertenen, aber ein schönes Wort!

  7. […] Störung eben dieses Blutkreislaufs beruht. Es geht dabei also um Gefäßerkrankungen, um “Winterzehen“, Krämpfe oder Krampfadern. Das Herz-Kreislauf-System heißt auf Niederländisch […]

  8. Oliver Oliver

    Hm, also wenn man Wikipedia Glauben schenken will, sind die wintertenen durchaus den Frostbeulen gleichzusetzen (Schwellungen etc.), aber so wie Alex es beschreibt, werden sie im niederländischen Sprachgebrauch auch für weniger dramatische Anfangsstadien verwendet.

    https://nl.wikipedia.org/wiki/Wintertenen

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