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Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden

Last updated on 29-11-2024

Sterbehilfe: Seit 2002 ist sie in den Niederlanden unter bestimmten Bedingungen erlaubt – die aktive Lebensbeendigung durch einen Arzt auf ausdrückliches Verlangen des Patienten, wenn dieser für sein Gefühl unerträglich leidet und die Situation aus medizinischer Sicht aussichtslos ist.

Das niederländische Gesetz erlaubt aktive Sterbehilfe …

Schwer kranke Menschen, die unerträglich leiden und für die keine Aussicht auf Besserung besteht, müssen in den Niederlanden nicht warten, bis der Tod von alleine kommt und sie erlöst. Ein 2002 eingeführtes Gesetz erlaubt es Ärzten, aktive Sterbehilfe zu leisten. Sie dürfen das Leben eines Patienten auf dessen ausdrücklich geäußerten Wunsch hin durch die Verabreichung eines tödlichen Mittels beenden, ohne mit rechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen.

Das niederländische Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung (PDF-Datei) stellt Ärzte, die der Bitte ihres Patienten oder ihrer Patientin nach aktiver Unterstützung bei der Lebensbeendigung nachkommen, von Strafverfolgung frei.

… wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind

Das allerdings nur, wenn bestimmte – im Gesetz festgeschriebene – strenge Sorgfaltskriterien eingehalten wurden. In allen anderen Fällen bleibt diese Form des Eingreifens strafbar; also auch, wenn der Sterbehelfer kein Arzt ist sondern zum Beispiel ein Krankenpfleger oder ein Angehöriger.

Die Sorgfaltskriterien

Nur unter folgenden Bedingungen ist aktive Sterbehilfe erlaubt. Der Arzt:

  • muss sich davon überzeugt haben, dass der Patient sein Verlangen nach Sterbehilfe freiwillig und wohlüberlegt äußert,
  • muss zu dem Schluss gekommen sein, dass ein für den Patienten unerträgliches Leiden ohne Aussicht auf Heilung oder Besserung besteht,
  • muss den Patienten über seine gesundheitliche Lage sowie über dessen Prognose aufgeklärt haben,
  • muss sich mit mindestens einem anderen, unabhängigen Arzt beraten haben. Dieser muss den Patienten auch selbst gesehen und untersucht haben und eine schriftliche Stellungnahme zur Einhaltung der in den ersten drei Punkten genannten Sorgfaltspflichten verfasst haben,
  • muss zusammen mit dem Patienten zur Überzeugung gelangt sein, dass es in der Situation keine andere annehmbare Lösung gibt,
  • muss die Lebensbeendigung oder die Beihilfe zur Selbsttötung medizinisch fachgerecht durchführen.

Schwer kranke Menschen ohne Hoffnung und Aussicht auf Besserung haben in den Niederlanden also grundsätzlich die Möglichkeit, selbst den Zeitpunkt ihres Todes zu bestimmen. Allerdings haben sie nicht automatisch einen Anspruch auf Sterbehilfe. Nicht jeder Bitte um Sterbehilfe wird entsprochen. Viele Betroffene empfinden es jedoch als eine große Beruhigung, dass sie mit ihrem Arzt offen über das Thema einer möglichen Lebensbeendigung sprechen können. Für den Arzt selbst stellt die Sterbehilfe immer einen Ausnahmezustand dar. Auch nicht jeder Mediziner ist bereit, am Tod eines Menschen aktiv mitzuwirken.

Kontrollinstanz

Jeder nicht-natürliche Tod muss dem amtlichen Leichenbeschauer gemeldet werden. Im Fall von levensbeëindiging op verzoek (aktiver Sterbehilfe) oder hulp bij zelfdoding (Beihilfe zum Suizid) prüft eins von fünf regionalen Kontrollgremien, ob der Arzt die Sorgfaltskriterien eingehalten hat. In diesen Kommissionen sind jeweils ein Arzt, ein Ethiker und ein Jurist vertreten. 2010 erhielten die Prüfungskommissionen insgesamt 3136 Meldungen über aktive Sterbehilfe. Im Jahr davor waren es 2636.

Euthanasie – der gute Tod

Das niederländische Wort für aktive Sterbehilfe ist euthanasie. Auf Griechisch bedeutet es „der gute Tod“. In Deutschland stößt dieser Begriff auf starken Widerstand, da er sofort Assoziationen mit dem Nationalsozialismus hervorruft. Unter dieser verschleiernden Bezeichnung wurden nämlich im Dritten Reich zehntausende psychisch kranker und körperlich behinderter Menschen systematisch ermordet

Medizinische Handlungen wie palliative Sedierung oder auch die notwendige und vom Patienten gewünschte Verabreichung von schmerzlindernden Mitteln, die den Todeseintritt beschleunigen können, fallen in den Niederlanden nicht unter den Begriff euthanasie. Gleiches gilt für den Verzicht des Patienten auf lebensverlängernde Maßnahmen sowie für den Abbruch von aus medizinischer Sicht sinnlosen Behandlungen.

Sterbehilfe: die Lage in Deutschland

Aktive Sterbehilfe – auch bekannt unter dem Begriff Tötung auf Verlangen – ist nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in den übrigen Benelux-Ländern Belgien und Luxemburg erlaubt. In Deutschland ist sie nach wie vor verboten und strafbar.

Indirekte Sterbehilfe (die vom Patienten im Endstadium seiner Krankheit erbetene Schmerzmittelgabe, die den Tod beschleunigen kann) sowie passive Sterbehilfe (der Verzicht auf oder die Beendigung von lebensverlängernden Maßnahmen, weil dies dem Wunsch des Patienten entspricht, oder weil eine solche Behandlung medizinisch nicht mehr indiziert ist) sind jedoch auch in Deutschland erlaubt.

Auch die Beihilfe zum Suizid ist nach deutschem Recht an sich kein Straftatbestand.

Anfang 2020 hat das Bundesverfassungsgericht einen Bundestagsbeschluss aus 2015, dass Ärzte in Deutschland keine Sterbehilfe leisten dürfen, für verfassungswidrig erklärt. 

Ärzte und Ärztinnen dürfen in Deutschland inzwischen grundsätzlich beim Freitod assistieren. So gibt es einige Vereine, die Menschen, die sterben möchten. unterstützen, indem sie ihren Mitgliedern Suizidassistenz in Form von ärztlicher und anwaltlicher Begleitung vermitteln. Eine davon ist zum Beispiel die DGHS, die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben.

Der entscheidende Punkt bei dieser Suizidbeihilfe ist, dass die sterbewillige Person die Handlung, die unmittelbar zum Tod führt (wie die Injektion mit einem tödlich wirkenden Mittel) selbst ausführt.

Zum Sterben ins Ausland?

Euthanasie – also die aktive Sterbehilfe – ist in den Niederlanden den eigenen Einwohnern und Einwohnerinnen vorbehalten. Die bereits genannten Sorgfaltskriterien setzen ein über längere Zeit gewachsenes, tief gehendes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient voraus.

Anders ist das in der Schweiz, wo auch Menschen aus dem Ausland Suizidhilfe in Anspruch nehmen können, Allerdings handelt es sich hier um die sogenannte Beihilfe zum Selbstmord, also die Bereitstellung eines tödlichen Mittels, mit jemand dann selbst sein oder ihr Leben beendet, ist rechtlich erlaubt. Aktive Sterbehilfe ist in der Schweiz also genauso verboten wie in Deutschland.

Wenn das Leben nicht mehr geht – eine Erfahrung aus meinem persönlichen Umfeld

Dass ein Arzt Menschen dabei helfen darf, ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, finde ich gut. Kein Arzt wird dies leichtfertig tun. Die Tötung eines Menschen, auch wenn die Lage aussichtlos ist und der Patient das Ende herbeisehnt, stellt immer eine schwere emotionale Belastung dar.

Einer der 2636 Menschen, die im Jahr 2009 auf diese Weise in den Tod gingen, war jemand aus meinem eigenen Familienkreis. Ich bin froh und dankbar, dass diese Person selbst den Zeitpunkt bestimmen konnte, sich würdig aus dem Leben zu verabschieden.


Da ich seit der Veröffentlichung dieses Artikels regelmäßig Anfragen aus Deutschland erhalte, ob man als Deutsche:r Sterbehilfe in den Niederlanden in Anspruch nehmen könne, habe ich zum Thema Sterbehilfe einen Folgeartikel geschrieben. Du findest ihn hier:

Warum Sterbehilfe in den Niederlanden für Deutsche keine Option ist

96 Kommentare

  1. Boom Boom

    Das ist ein wirklich schwieriges Thema. Ich möchte natürlich nie in der Haut desjenigen stecken müssen, der so schwer krank ist, dass er sich das Leben nicht mehr vorstellen kann. So jemandem möchte man es dann natürlich auch nicht verwehren, sein Leben zu beenden. Es wäre eine Anmaßung, zu behaupten, man wisse, wie es ihm gehe und dass man selbst an seiner Stelle die Krankheit ertragen könne. So etwas kann nur der beurteilen, der selbst in der Situation ist.

    Andererseits will ich auch nicht in der Haut eines Arztes stecken, der den Sterbeprozess begleitet, egal ob aktiv oder passiv. Beides finde ich unfassbar schwierig und ich finde auch nicht, dass dazwischen ein großer Unterschied liegt. Denn in beiden Fällen trägt man irgendwie mit die Verantwortung für den Tod eines Menschen. Und das ist natürlich eine Frage des Gewissens. Niemandem sollte zu Sterbehilfe verpflichtet werden.

    Ich will auch nicht einer der Angehörigen eines Menschen sein, der sich bewusst zum Tod entschieden hat. Ich glaube nicht, dass ein Tod nach Termin einfacher ist als ein unerwarteter. Im Gegenteil.

    So generell finde ich die Thematik total schwer zu beurteilen, weil das von so vielen verschiedenen Faktoren abhängt und so viele Menschen involviert. Aber eines ist sicher: Wenn jemand sterben will, findet er auch einen Weg, ob jetzt unter der Beaufsichtigung von Ärzten oder irgendwie anders. Durch Sterbehilfe kann man ihm den aber sicherlich angenehmer machen und ihm helfen, dabei seine Würde zu bewahren.

    • “Wenn jemand sterben will, findet er auch einen Weg …”. Normalerweise ja, aber es gibt auch Menschen, die das nicht mehr können: bettlägerig, gelähmt, weit von jedem Giftschrank oder sonst was sind. In solchen Fällen sollten die Ärzte und die Gesellschaft als Ganzes besonders viel Empathie walten lassen.
      Oder ist es wirklich möglich, sich selbst zu Tode zu dursten, wie man manchmal hört? Ich weiß es nicht; bin selbst noch nicht so weit.

      • Trijntje Trijntje

        Ik heb het ook wel eens gehoord, dat iemand het einde laat komen door niet meer te drinken.

        Dat kan overigens ook een ’natuurlijk‘ iets zijn, dat iemand die in de stervensfase is niet meer wil eten en drinken. Het lijkt me dan wel het minste om aan die wens te voldoen, en het hem of haar verder zo comfortabel mogelijk te maken.

    • Bouke Bouke

      Obwohl ich alles was zu sagst zustimme, ist mir doch einen Satz im Augen gefallen: „Ich glaube nicht, dass ein Tod nach Termin einfacher ist als ein unerwarteter. Im Gegenteil.“
      Weil es natürlich immer eine Meinung ist, würde ich doch das gegenteil davon begründen mit dem Argument, dass es die Angehörigen vorbereitung schafft und die möglichkeit gibt ins Klare zu kommen mit dem Tot eines Geliebten. Ich habe es selbst auch (leider) miterleben müssen, dass ein sehr guter Freund sich für Euthanasie entschieden hat. Natürlich reagiert man zuerst sehr negativ darauf, aber der Grund dafür ist, wie hart das auch klingt, purer Egoismus.
      Man liebt den Anderen, und will ihn nie verlieren, einfach weil das weh tut. Wenn der Andere sich dafür entscheidet, Euthanasie zu machen, fühlt sich as als Verrat, als ob der Andere dich nicht genauso viel liebt als du ihn. Als ob dieser Person dich etwas weg nimmt.
      Darüber hinweg zu kommen ist nicht leicht, aber wenn man das geschafft hat, versteht man die Schmerzen besser, und versteht warum die Tot kommt, oder zu kommen hat. Es gab keinen Ausweg mehr, niemand hätte mehr etwas tun können. Euthanasie sagt das für mich aus. Wenn jemand nicht aus eigenem Willen stirbt, bleibt die Frage immer in der Luft hängen. „Hatte jemand noch was tun können“ und „Hätte jemand noch was tun sollen“. Es sind Fragen die nie mehr beantwortet werden können. Bei (reine) Euthanasie sind sie das aber. Das ist einer der Gründe, und ich kann sie gar nicht alle nennen, warum ich glaube dass es im Prinzip auch für den Angehörigen das bessere ist. Ein Geliebter verlieren ist immer Schmerzhaft, die Weise worauf ist darin aber sehr wichtig, und so ist das Leben danach.

  2. Laura Laura

    Inderdaad een heftig onderwerp. Naar mijn mening heeft Boom gelijk: „So generell finde ich die Thematik total schwer zu beurteilen, weil das von so vielen verschiedenen Faktoren abhängt und so viele Menschen involviert.“
    Ik vind het mooi dat Boom aangeeft dat er zoveel mensen bij betrokken zijn. Uiteraard gaat het in eerste instantie om de patient. Voor die persoon is het een heel lang proces om te beslissen voor euthanasie en het daarna ook echt zelf te regelen. De man of vrouw moet bij volle verstand een verklaring schrijven waarom er echt geen andere uitweg mogelijk is. Hierbij zijn veel mensen betrokken. Ook de familie en vrienden moeten een manier vinden om hier mee om te gaan. 2009 was inderdaad een zwaar jaar voor mij toen Hans overleed. Bedankt voor je steun en respect voor de situatie. Je hebt in je blog goed de criteria omschreven wanneer euthanasie in Nederland is toegestaan. Het blijft een moeilijk onderwerp, waar veel mensen niet over willen/durven praten. Elke situatie, persoon en beleving van kwaliteit van leven is voor iedereen anders. Fantastisch dat je het noemt in je blog. Dank je wel. 1 februari 2012 zou Hans 66 geworden zijn.

  3. Lucy van Pelt Lucy van Pelt

    “ wenn jemand sterben will, findet er auch einen Weg“

    Das ist nicht so sicher. Man muß nur bei klarem Verstand bettlägerig sein, dann wird es schwierig. Ich gehe davon aus, daß auch in Deutschland die indirekte und die passive Sterbehilfe in sehr vielen Fällen geschieht, es ist eine für den Helfer sehr belastende Geschichte, aber eine humanitäre Maßnahme. Nur wird sie nicht dokumentiert.
    Daß Deutschand sich mit Gesetzen zur Euthanasie schwer tut wegen deren Pervertierung im Dritten Reich, das ist wohl notwendig.

  4. Andrea Kluitmann Andrea Kluitmann

    Liebe Alexandra,

    danke für den guten, fundierten und wertvollen Text zum Thema Sterbehilfe. Ich bin auch sehr froh, dass es diese Möglichkeit hier in den Niederlanden gibt.
    Hartelijke groet,
    Andrea

  5. Bob Bob

    Schon alleine die lebensverlängernde Maßnahmen sind in vielen Fällen überhaupt nicht im Sinne des Patienten. Damit wird manchmal das Leiden nur verlängert, ohne daß es Aussicht auf eine Verbesserung gibt. Ich denke dass hier der medizinische Eid am Ziel vorbei schiesst.

    Die starre Haltung in z.B. Deutschland i.B.a. Sterbehilfe kann man auch verstehen als eine Weigerung der Ärzteschaft um zusätzliche Verantwortung auf sich zu nehmen, mit anderen Worten: Angst.

    Es ist wirklich traurig um zu sehen wie mache, oft ältere Leute, mit unnötigen zusätzlichen Behandlungen und OP’s belastet werden. Eine angetraute Oma von mir wurde ein halbes Jahr bevor sie starb noch ein Bein abgesetzt. Echt wahr. Das war übrigens in den Niederlanden.

    • Ein Schritt in die richtige Richtung finde ich die Patientenverfügungen, die seit zwei Jahren in Deutschland rechtlich verbindlich sind. Darin kann jemand zum Beispiel bestimmen, dass er in bestimmten Situationen keine lebensverlängernden oder lebenserhaltenden Maßnahmen möchte.

    • Bouke Bouke

      Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht dass es die Ärzteschaft ist, die es nicht will. Gerade die Ärzte sind die Menschen, die mit dem Leid konfrontiert werden, und die Schmerzen der Leute fühlen. Meine Schwiegermutter ist lange Zeit Hausarzt gewesen, und kann bestätigen, dass es einen nicht kalt lässt.
      Es müssen doch wie immer die Leute sein, die gar erst nichts damit zu tun haben; die aus ihre Elfenbeinturm glauben zu wissen wovon sie reden, und glauben die Anderen vor zu schreiben, was sie zu tun, und was sie zu denken haben. Es sind nicht die Ärzten, es sind die nicht-Ärztlichen Gesetzgebern die von Tuten noch Blasen Ahnung haben. Diesselben die es so geschaffen haben das viele Ärzte die Medikamenten ihren Patienten aus eigener Tasche Zahlen müssen (und ja, das passiert. Sehr oft sogar).

  6. Ganz lieben Dank an Euch alle für die tollen, feinfühligen Kommentare.

  7. Feli Feli

    mal wieder ein sehr gut recherchierter und wunderbar geschriebener artikel. wir sind gut beraten, wenn wir uns bei klarem verstand mit dem thema tod und/oder sterbehilfe auseinandersetzen. dann können wir uns, wenn es soweit ist, auf den prozess des sterbens konzentrieren. diesen prozess würde ich gern mit würde erleben, und dazu gehört für mich selbstbestimmtheit.

  8. Uwe Uwe

    Bob,

    Du sagst …

    „Ich denke dass hier der medizinische Eid am Ziel vorbei schiesst.

    Die starre Haltung in z.B. Deutschland i.B.a. Sterbehilfe kann man auch verstehen als eine Weigerung der Ärzteschaft um zusätzliche Verantwortung auf sich zu nehmen, mit anderen Worten: Angst.“

    Der hypokratische Eid ist die ethische Grundlage der Ärzte in der ganzen Welt, nicht nur in Deutschland oder den Niederlanden. Wenn man sagt, die deutschen Ärzte würden sich der Verantwortung entziehen, könnte man umgekehrt genauso gut argumentieren, die niederländischen würden sich es sich mit dem hypokratischen Eid zu leicht machen und sich so einer ebenso schwer zu tragenden Verantwortung entziehen (dies ist wohlgemerkt NICHT meine Argumentation).

    Deutschland hat eine geschichtliche moralische Altlast, die es uns nicht leicht macht, derartige ethische Fragen mit derselben Unvoreingenommenheit zu behandeln, wie das in anderen Ländern möglich ist. Ich denke, die deutsche Ärzteschaft verdient denselben Respekt wie die niederländische für die Art, wie sie mit diesem Thema umgeht. Die Entscheidung, einem Menschen gezielt das Sterben zu ermöglichen, ist meines Erachtens genauso schwer wie die, es NICHT zu tun und im damit ein längeres Leiden zuzumuten.

    • Danke Dir für Deinen Kommentar Uwe. Ich denke auch (ebenso wie Lucy weiter oben), dass die Situation in Deutschland aufgrund der furchtbaren „Euthanasie“-Praktiken im Nationalsozialismus noch um einiges komplizierter ist als in vielen anderen Ländern.

      Nur zur Ergänzung: Anstelle des Hypokratischen Eides ist nach dem Zweiten Weltkrieg das Genfer Gelöbnis gekommen, das den Weg für manch eine ethische Reform geebnet hat. So ist weder aktive Sterbehilfe noch Abtreibung – ein anderes in manchen Kreisen sehr umstrittenes Thema – darin verboten.

      • Bouke Bouke

        Das Meiste, was sehr einfach dagestellt wird, ist im Endeffekt doch auf mehrere Weisen zu erklären. Grundsetzlich bin ich der Meinung, dass man immer hinterfragen sollte was mit bestimmte Stellungen/Regeln/Gesetzen/usw. gemeint wird, und auch wie sie entstanden sind.
        Mann muss doch auch einsehen, dass es heutzutage dermaBen* viele medizinische Möglichkeiten gibt, die nichts mehr mit dem Gesundwerden zu tun haben, aber nur da sind um das Leben zu verlängern. Ist es nicht so, dass es in dem heutigen Verständniss von dieser Eid sich nur um ‚Weiterleben‘ dreht? Also das diese Eid nur an das Leben verknüpft wird, und nicht an dem Wohlsein? Ich glaube, die Eid wird einfach zu eng verstanden. Was auf jeden fall klar ist, ist dass unser jetzigen Verständnis der Welt vom Christentum geprägt ist, anders wie damals bei den Griechen.
        Wenn es nichts mehr gibt, dass ein Artzt machen kann um die Gesündheit und das Wohlsein seiner PatientIn zu verbessern, hört aus meiner Sicht die reichweite der hypokratische Eid auf. Ab diesem Punkt fängt die Frage der Euthanasie/Selbsttötung an.

        Auch haben wir eine Gesellschaft geschaffen worin man, auch wenn man wollte, nicht selbst an andere totende mitteln gelangen kann ohne krasse Umwege, die einen eine ‚angenehmere‘ Tot erlauben als zB. das Aufhängen oder Zugspringen. Das ist natürlich was gutes, aber es heisst auch, dass selbstbestimmung wie sie ohne solche Kontrolle geschehen würde und könnte, unmöglich gemacht wird. Aus meiner Sicht schafft das eine Verpflichtung, diese Einschränkung der Selbstbestimmung zu kompensieren – und dass ist genau, wo diese gesetzliche Regelung der Euthanasie einspringt.

        *(schuldigung, meine UK-Extended Tastatur erlaubt mir keine sz)

  9. Leider sieht die Realität in den Niederlanden in Bezug auf die aktive Sterbehilfe nicht ganz so ideal aus.

    So steigt die Anzahl der Menschen, die aktive Sterbehilfe erhalten, ständig an, man hat das Gefühl, dass das Angebot hier erst die Nachfrage schafft. Als Begründung haben die Angst vor Einsamkeit und die Bedenken, anderen zur Last fallen zu müssen, die Angst vor unerträglichen Schmerzen – die Hauptbegrüng für das Gesetz – längst abgelöst.

    Noch bedenklicher ist, dass zunehmend auch Menschen euthanasiert werden, die einer Sterbehilfe nicht explizit zugestimmt haben oder Minderjährig sind (siehe z.B. http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/47990 oder http://www.cdl-rlp.de/Unsere_Arbeit/Sterbehilfe/Sterbehilfe-in-Holland.html). Daher tragen inzwischen auch einige Holländer eine Credo Card mit der Aufschrift „Maak mij niet dood, Doktor = Töte mich nicht, Doktor“ bei sich, um nicht versehentlich euthanasiert zu werden. Das Bestreben den Menschen durch die Palliativmedizin und Hospize ein menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen, wird durch die schnelle (und für die Gesellschaft bequemere?) aktive Sterbehilfe abgelöst.

    Insoweit ist es gut, dass sich die deutschen Ärzte klar gegen die aktive Sterbehilfe und die Suizidassistenz ausgesprochen haben, denn der Weg unseres Nachbarlandes sollte nicht der Deutschlands sein – vielleicht hilft uns hier unsere schlimme Geschichte, schleichende Bedrohungen für den Wert des Lebens zu erkennen und abzuwehren.

    • Nein, ideal ist die Situation in den Niederlanden nicht. Das hat hier auch niemand behauptet. Aber es findet in meinem Heimatland eine öffentlichte Debatte statt, die aus meiner Sicht auch bitter nötig ist. Darin gilt es einerseits, den Respekt für das Recht auf Selbstbestimmung eines jeden Menschen zu wahren und anderseits zum Schutz der Patienten für möglichst gute Kontrollmechanismen und Transparenz zu sorgen.

      Du findest aktive Sterbehilfe schnell? Das ist sie keineswegs. Genauso wenig handelt es sich um eine „für die Gesellschaft bequemere“ Variante des Sterbens.

      Ja, auch Minderjährige dürfen, wenn sie 12 Jahre oder älter sind, in den Niederlanden um Sterbehilfe bitten. Bei Patienten zwischen 12 und 16 müssen die Eltern oder Erziehungsberechtigten dieser Bitte zustimmen. Ansonsten gelten selbstverständlich die im Artikel beschriebenen Sorgfaltskriterien.

      Euthansie bei demenzkranken Menschen stellt den absoluten Ausnahmefall dar und kommt überhaupt nur in Frage, wenn der Patient sich noch über seinen Zustand im Klaren ist. Ärzte sind in solchen Fällen noch zurückhaltender, der Bitte um Sterbehilfe nachzukommen, als sie es ohnehin schon sind. Das kann auch bedeuten, dass eine vom Patienten vor Eintritt der Demenz erstellte Willenserklärung („Patientenverfügung“), in der er um Sterbehilfe bittet, nicht zum Tragen kommt.

      Palliativmedizin und Sterbehilfe sehe ich nicht im Widerspruch. Ich denke, beide ergänzen sich.

      • Karin Karin

        Hallo,
        die Diskussion hier ist ja schon von 2012. Dieses Thema ist letzte Woche sehr plötzlich in mein Leben getreten, und daher durchforste ich grad das Internet nach Infos hierzu. Wir haben für meine Mutter die Diagnose Alzheimer im Vorstadium/anfangsstadium bekommen. Sie hat bereits eine notarielle Patientenverfügung, die u.a. regelt, dass sie keine lebensverlängende Maßnahmen möchte, z.B. auch dann nicht, wenn sie nicht mehr in der Lage zur selbstständigen Nahrungsaufnahme fähig ist. Sie hat sich da schon die letzten Jahre sehr viele Gedanken gemacht. Nun hat sie uns Töchtern mitgeteilt, dass sie nicht jahrelang bettlägerig und weggetreten in einem Heim vor sich hinvegetieren möchte und Sterbehilfe unter allen Umständen wünscht. Ich habe ihr versprochen mich hierüber kundig zu machen. Auch darüber, ob sie vielleicht noch zusätzlich zur Patientenverfügung jetzt in noch klarem Zustand dieses schriftlich formulieren sollte.
        Es tut im Herzen schrecklich weh, aber ich kann diesen Wunsch auch sehr gut nachvollziehen, denn diesen Zustand, in dem sie irgendwann mal sein wird, den möchte niemand für sich als auch seine Angehörigen haben. Hat hierzu jemand Erfahrung, speziell im Falle bei Alzheimer, denn meistens wird immer nur von Krebs und anderen tödlich verlaufenden Krankheiten gesprochen.

        • Petra rettig Petra rettig

          Ich befasse mich auch sehr eingehend mit diesem Thema und hatte im vergangen Jahr keine guten Erfahrungen mit einer Patientenverfuegung meiner Mutter gemacht. Meine Mutter litt an einem Lungenemphysem,was ansich schon eine qualvolle Krankheit ist.Begleidet von qualvoller Atemnot und Todesangst. In ihrer Patientenverfügung verlangte sie ausdrücklich keine lebensverlängernden Massnahmen. Wozu auch das anlegen einer intravenösen Fluessigkeitszufuhr gehört. Ich habe meine Mutter,die im Pflegeheim war, 8 Wochen lang jeden Tag begleitet und dafür gekämpft das ihr ausdrücklicher Wille auch ausgeführt wird. Diese Kaempfereien und Rechtfertigungen haben mich viel Kraft und Zeit gekostet,die ich viel lieber noch mit meiner Mama verbracht hätte. Ich würde Ihnen empfehlen sich einen Rechtsbeistand zu suchen,der ihre Mutter und auch Sie vertritt……… Ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter noch eine schoene und gute Zeit miteinander.

    • Lucy van Pelt Lucy van Pelt

      „(und für die Gesellschaft bequemere?)“

      Nicht zu vergessen: auch billigere Lösung als Palliativmedizin!
      Ich persönlich schätze sehr, daß es in Deutschland Hospize gibt.

      • Trijntje Trijntje

        In Nederland zijn ook hospices. Die doen heel goed werk.
        In Nederland worden stervende mensen op allerlei manieren begeleid, ik heb dat bij mijn ouders, mijn man en nog enkele anderen van nabij meegemaakt.

        De artsen gingen daar heel integer mee om.
        Wat ik heb gezien komt hierop neer: zo lang er redelijke hoop is dat behandeling genezing kan geven, of verbetering van de gezondheidstoestand, en levensverlenging, dan zetten ze zich daarvoor in.
        Als er een stadium komt waar behandeling voornamelijk ongemakken veroorzaakt, en geen positief resultaat meer heeft ( misschien nog een korte pijnlijke periode erbij), dan geven ze zo’n behandeling niet meer en richten ze zich op een zo comfortabel mogelijke laatste levensfase, thuis, in een hospice of in het ziekenhuis, afhankelijk van de feitelijke gezondheidssituatie, en de wensen van de patiënt en zijn naasten.
        Vaak wordt daarbij morfine gebruikt, om pijn en benauwdheid, en de daarmee soms samenhangende angst, te bestrijden. Daardoor kan het sterven mogelijk iets worden versneld, dat zie ik niet als euthanasie.

        Ik heb in mijn naaste omgeving niet meegemaakt dat er euthanasie is gepleegd. Ik weet wel dat artsen hier niet gemakkelijk mee omgaan en niet zomaar tot euthanasie overgaan, Alex schrijft ook over de voorwaarden waaraan moet worden voldaan. En artsen genezen ook veel liever dan dat ze euthanasie toepassen.

        Ik weet ook dat palliatieve sedatie alleen wordt toegepast als zeker is dat de patiënt in de stervensfase verkeert: de moeder van vrienden van mij wilde dat de artsen dat bij haar gingen doen, terwijl er nog medische behandeling mogelijk was die haar nog enige goede levenstijd zou geven, en de artsen deden dat niet: ook mijn vrienden waren het hierin met de artsen eens dat de artsen die sedatie niet wilden gaan toepassen, en drongen er bij hun moeder op aan om nog iets moois te maken van de tijd die ze nog had.

    • Bouke Bouke

      Ich glaube dass es deshalb vielleicht wichtig ist, an diese dreiköpfige Kommissionen einen Psychologen hinzuzufügen. Andererseits kann diese steigende Zahl auch bedeuten dass der Tot immer weniger ein Tabu ist; und deshalb eine bisher versteckte Menge an Leid aufgedeckt wird. Aber ich stimme zu, dass der Tot nicht leichtfertig zu nehmen ist, oder aus Angst für die Zukunft, oder sonstiges. De Kriterien für Euthanasie sind deutlich festgelegt, und beinhalten sowas nicht.

      Allerdings kann es nicht so sein, dass Leute ‚geholfen‘ werden zu sterben, wenn sie es nicht so gewünscht haben. Es wird kein Artzt geben ausser Mengele & Co., der sich sowas leistet. Pardon my French, aber ich würde das auf gutes Niederländisch ein ‚broodje aap‘ nennen. Und sollte es doch passieren, hat das nichts mit Euthanasie, aber mit strafbare Taten zu tun. Das ist kein Euthanasie, das ist Mord.

  10. Sylvia Sylvia

    Ich habe mir die Zeit genommen und auch alle Kommentare komplett gelesen. Alle Argumente sind nachvollziehbar, sowohl pro als auch contra .
    Im Krankenhaus habe ich so viele Patienten erlebt, die um ihre Erlösung gebettelt haben. Ich habe meine Mama bis zu ihrem Tod gepflegt, sie hat so oft darum gebeten, nicht mehr aufwachen zu dürfen. Diese persönlichen Erfahrungen haben mich zu der Überzeugung gebracht, dass es Menschen zugestanden werden sollte, selbst über ihren Tod zu entscheiden.

    • Bouke Bouke

      Genau das ist es, dieses Recht auf selbstbestimmung. Vielleicht liegt einiges darin wie liberal der Eine oder der Andere ist, aber im grunde genommen kann es meiner meinung nicht sein, dass andere Leute bestimmen was jemand mit seinem Leben macht. Die Regeln der Gesellschaft sind doch auch da, um das Zusammenleben zu ermöglichen. Schon nur die Gedanke, dass die Entscheidung über den eigenen Tot vielleicht von jemand zugestanden werden müsste, ist für mich völlig absurd.

      Klar, gibt es unterschiedliche Sichtweisen, auch in die Niederlanden. Oft hat das Christentum oder Ähnliche Religion damit was zu tun. Die christliche Parteien bei uns wollen Euthanasie und Abortus beide am liebsten Heute noch vom Tisch werfen. Ich kann das als Christen aber gar nicht nachvollziehen. Für mich ist (Nächsten-)Liebe das höchte Gut vom Christen sein, und dazu gehört ausdrücklich nicht, jemand aussichtslos leiden zu lassen. Es ist arrogant und hochmütig jemand das an zu tun mit der Bibel in der Hand. Genau das Leiden, was du beschreibst, sollte doch einen Menschen nach dem Herzen und der Seele, und nicht nach den Regeln greifen lassen.

      • Trijntje Trijntje

        Ook ik ben christen, en daarom wel terughoudend als het gaat om abortus of euthanasie. Maar ik ben het met Bouke eens: die wetgeving terugdraaien, daar ben ik helemaal niet voor.
        Ik zet liever in op goede adviezen aan stellen die een abortus overwegen, zonder de weg van abortus uit te sluiten, maar wel goed kijken naar de mogelijkheden als het kindje wel geboren zou worden.
        En ook bij de vraag naar euthanasie, goed overleg, is degene er inderdaad aan toe om te sterven, of is er bijvoorbeeld angst voor veel pijn, die nog wel bestreden kan worden?

        Ruimte voor verantwoordelijkheid van een ieder, ook voor artsen die goede adviezen moeten geven, en goede uitleg over alle mogelijkheden; ook dat is niet eenvoudig!

        • Bouke Bouke

          Klopt, ik zie nu dat ik het op een hoopje gegooid heb; Abortus is een ander geval, waar ik vroeger nogal zwart/wit over dacht, maar tegenwoordig toch enige straatlengtes moeilijker vind. Euthanasie is wat mij betreft zo klaar als een klontje*, Abortus is dat zeker niet (alhoewel ook daar naastenliefde voor mij de boventoon zou moeten voeren).

          *d.w.z., precies zoals jij dat beschrijft, onder de hoogste mate van integriteit en inzet. Wat mij betreft is er een taak weggelegd voor alle takken van sport; de ‚klassieke‘ geneeskunde, psychologen en psychotherapeuten en in het verlengde daarvan geestelijken (dominee, pastor), evenals de alternatieve geneeskunde die soms wonderbaarlijke gevolgen kan hebben. Wat in ieder geval pertinent niet mag gebeuren, is dat iemand anders denkt te moeten beslissen; iedereen heeft daarin een adviserende rol te spelen – de uiteindelijke beslissing moet bij de patient liggen. De arts (en de psycholoog; dat vind ik eigenlijk ook een vereiste) heeft slechts over de randvoorwaarden te beslissen.

  11. Vielen Dank für diesen ausführlichen Artikel zu einem heiklen Thema.

    Ich würde mir grundsätzlich einen offeneren Dialog zu diesem Thema von allen Seiten in der Gesellschaft wünschen wollen.
    Der Freitod ist so alt wie unsere menschliche Geschichte und findet in jeder Gesellschaft statt. Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen aus dem Leben scheiden möchte, der trifft in keinem Fall eine „aus dem Bauch heraus“ einfache Entscheidung.
    Ich empfinde es als humaner diesen Menschen mit ihrem Anliegen beizustehen im Sinne des Respekts der eigenen Entscheidung, als sich davor zu verschließen. Vielleicht würde eine gesellschaftlich umfangreichere Auseinandersetzung mit diesem Thema dazu beitragen eine Regelung zu finden, mit der alle Parteien umgehen und akzeptieren können.

    ~Anja~

  12. Ein sehr guter, sorgfältig recherchierter Beitrag zu einem sehr sensiblen Thema.
    Ich habe ebenfalls alle Kommentare gelesen und kann beide Zeiten verstehen. Ich selbst bin der Meinung, dass, wenn es einfach nicht mehr geht, man das Recht haben sollte, in Würde zu gehen.
    Was auch noch bedacht werden sollte, ist, dass heutzutage auf dem Gebiet der lebensverlängernden Massnahmen sehr viel möglich ist – viel mehr als früher. Aber (wie weiter oben schon geschrieben wurde) geht es dem Patienten dadurch nicht notwendigerweise besser. Deswegen finde ich, dass man nicht alles, was man einsetzen kann, auch einsetzen muss.
    Auf jeden Fall ist es wichtig, offen über diese Dinge zu sprechen, denn der Tod und alles, was damit zusammenhängt, wird immer noch sehr stark tabuisiert.

  13. Gernot Gernot

    Meine gottselige Grossmutter ist vor ca. zwanzig Jahren an Bauchspeicheldruesenkrebs gestorben. Vor ihrem Ableben im 96. Lebensjahr, auf jeden Fall einem gesegneten Alter, fragte uns ihr Arzt, ob wir sie retten, trotz einer urschmerzvollen bevorstehenden Operation, oder sie einfach (wunschgemaess) entschlafen lassen wollten. Nach zweitaegiger Bedenkzeit entschieden wir uns fuers Letztere.

    Auch bis heute noch bereuen wir diese Entscheidung nicht und zum Thema Sterbehilfe wuerde ich sie irgendjemandem empfehlen, dessen Glaubensbekenntnis sie nicht verstoesst!

  14. Danke Euch allen für Eure Kommentare zu diesem Schwierigen Thema.

  15. Rappelkopf Rappelkopf

    Ich finde, dass Ärzte nicht aktiv Sterbehilfe leisten dürfen. Wenn ein Patient jedoch seinem Leben selbst ein Ende setzen will und der Arzt das nicht verhindert, weil diese Person eine entsprechende Patientenverfügung gemacht hat, sollte er dafür nicht unter Strafe stehen. Und die Missachtung des hippokratischen Eides muss der Arzt ohnehin mit seinem Gewissen ausmachen.

    Eine literarische Vision einer Gesellschaft, die es sich mit der Euthanasie zu leicht macht, ist übrigens Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“, mit ihren Moribundenkliniken. Das Buch wurde schon 1931 geschrieben, man ist bis heute nicht sicher, ob es als Beschreibung eines wünschenswerten Paradieses oder als Anklage gegen die beginnende faschistische Verblendung gedacht war. Huxley selbst hat erst 30 Jahre später versucht, die zweite Auslegung zu seiner zu machen.

    Rappelkopf

  16. Gernot Gernot

    Rappelkopf,

    normalerweise bin ich dir einverstanden, bloss im Fall meiner Grossmutter hatte sie es in ihrem Testament eindeutig (von ihrem Anwalt aufgesetzt!) dargelegt, der Arzt solle das Recht haben, ihrem Leben ein Ende zu setzen, wenn sie sich einer solchen Operation unterziehen muesste.

    • Dann seid Ihr doch einer Meinung, Gernot. Denn das ist im Prinzip auch, was Rappelkopf sagt. In der Zeit, in der Deine Großmutter starb, gab es noch keine Patientenverfügungen wie jetzt und war die Lage wahrscheinlich noch um einiges schwieriger.

  17. Danke für diesen Beitrag. Ja, es ist schon schwer, wenn man unmittelbar in seinem Umkreis betroffen ist. Es ist in Deutschland sogar mit der Patientenverfügung sehr schwer. Meine 85-jährigen Mutter ist im Juni letzten Jahres an Speiseröhrenkrebs gestorben und hatte vorher mehrmals mitgeteilt, dass sie nicht mehr in ein Krankenhaus will. Und doch wurde sie dreimal in ein solches eingeliefert. Das liegt einfach daran, dass niemand in den Pflegeheimen die Verantwortung übernehmen will. Aber für mich hat es auch etwas mit Respekt und Würde des Menschen zu tun.

    • Bob Bob

      „Weil niemand die Verantwortung übernehmen will“. Genau.

  18. Bob Bob

    Die Kritiker gehen immer wieder davon aus dass die (der?) Euthanasie auch auferlegt werden kann von jemand anderem als der Patient selber. Dass ist natürlich nicht der Fall (z.B. in den Niederlanden), en das soll natürlich auch nicht so sein. Ich verstehe nicht warum man diese Grenze nicht sehen will. Wenn du sterben willst weil das Leben nur noch ein unerträgliches und aussichtslose Leiden ist, und du bist zu krank um das selber durch zu führen, was sollte denn dagegen sprechen dass ein Arzt die nötige Handlungen durchführt? Wo ist da das Problem? Weil in der Bibel steht dass es nicht erlaubt ist oder was?

  19. Es gibt eine ganze Reihe von prominenten Menschen, die ihren hohen Bekanntheitsgrad „nutzen“, um sich für die Sterbehilfe bzw. gegen das Verbot der Sterbehilfe einzusetzen. So auch der britische Schriftsteller Terry Pratchett (den ich an anderer Stelle zu einem anderen Thema schon zitiert habe), bei dem bereits im Alter von 59 Jahren eine spezielle Form der Alzheimer-Krankheit diagnostiziert wurde. Er hat einen interessanten Doku-Film zu dem Thema gedreht. Wer sich dafür interessiert, kann hier mehr dazu lesen: http://www.heise.de/tp/artikel/34/34946/1.html

    • Interessant! Danke für den Link, Giselle.

  20. […] man einstmalig mit dem Umzug in ein anderes Land gesetzt hat. Deutschland/Holland und der Frage der Sterbehilfe. Was in dem einen Land geregelt werden könnte, geht in dem anderen grundsätzlich nicht. Man muss […]

    • Das tut mir sehr Leid, Sabine. Ik wens je heel veel sterkte in deze moeilijke tijd!

  21. Dirk Dirk

    Nachdem ich diesen hochinteressanten Artikel und alle nachfolgende Kommentare gelesen habe, würde ich gerne ein paar Zeilen anfügen.

    Die Niederländische Gesetzgebung finde ich einen gewaltigen Schritt in die richtige Richtung. Ich würde mir wünschen, dass dies in (D) auch möglich wäre.

    Die Haltung von z.B. den selbsternannten „Lebenschützern“ aus dem obigen Kommentar, finde ich zu einseitig und rigide, um nicht zu sagen überheblich.

    Wenn derartige Gruppierungen argumentieren, dass eine Sterbehilfe auf Grund von ihren eigenen (konservativ religiösen) Wertevorstellungen nicht akzeptabel ist, können sie das doch gerne für sich selbst so entscheiden.
    Dies rechtfertigt aber kein Verbot durch staatliche Gesetze, die Menschen kriminalisieren, weil sie anders denken und handeln.

  22. Louis R. Louis R.

    Deutschland hat eine geschichtliche moralische Altlast, die es uns nicht leicht macht, derartige ethische Fragen mit derselben Unvoreingenommenheit zu behandeln, wie das in anderen Ländern möglich ist.

    Ich, als nicht-Deutscher, halte es für zeitgemäß, daß diese Selbstzerfleischung aufhört !!!!! Es ist klar, daß diese dunkle Ära nicht vergessen werden darf, aber für mich grenzt es schon fast an Masochismus, daß im Jahre 67 nach Kriegsende immer noch solche Thesen geäußert werden. Das Thema Euthanasie hat in DE ein „Geschmäckle“, aber Kinder, wir sind im 21. Jahrhundert angekommen !!!!! Ich glaube kaum, daß in den umliegenden Ländern erwartet wird, daß die Deutschen sich dem Thema Sterbehilfe nich annähern können/wollen bedingt durch die Vergangenheit…..

  23. Stefanie Stefanie

    In Deutschland gibt es keine Kontrollinstanzen, die Aerzte ueberwachen, d.h. der Patient muss beweisen, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat.
    Entsorechend schlecht ist die aertzliche Behandlung in Deutschland.

    Ib diesem Klima kann man sich gut vorstellen, dass deutsche Aerzte, getrieben von ihrer uersaettlichen Geldgier, fuer ein paar zusaetzliche Euros rasch ein Rezept fuer passive Sterbehilfe ausstellen. Es sollte nicht laenger als 3 Minuten dauern….

    • Deine Generalisierung wird dem Thema nicht gerecht.

  24. Michael R. von Collenberg Michael R. von Collenberg

    Ich zitiere einen Auszug aus dem Buch von Udo Reiter: ‚Gestatten, dass ich sitzen bleibe‘, weil ich mich seinem Denkansatz, seinen Überlegungen und seinen Argumenten in vollem Umfang anschließe und meine Einstellung nicht besser formulieren kann:

    Daraus ein Auszug

    Kurz bevor ich mich vom MDR zurückzog, starb meine Frau. Ich habe das erste Mal in meinem Leben Sterben aus der Nähe erlebt. Sie hatte seit einigen Jahren Krebs. Erst der Darm, später kam die Leber dazu, dann die Milz und schließlich die Lunge. Sie hat die tödliche Diagnose und die qualvollen Behandlungen, Operationen, Chemotherapien, mit einer bewundernswerten Haltung ertragen. (…)

    Mich hat dieses Todeserlebnis veranlasst, mich eingehender mit der Problematik des Sterbens zu befassen. (…) Woher nehmen Politiker, Kleriker und Medizinfunktionäre das Recht, über meinen Tod zu entscheiden? Das Recht auf Selbstbestimmung ist die Grundlage unserer Verfassung. Für alle Lebensbereiche wird es eingefordert. Nur das Recht auf den eigenen Tod will man uns nicht einräumen. Hier wird theologisch argumentiert und psychiatrisch, hier werden alle möglichen medizinischen und juristischen Gesichtspunkte bemüht, die mein Selbstbestimmungsrecht in diesem speziellen Fall angeblich außer Kraft setzen. Als Gunter Sachs seinem langen und schönen Leben im hohen Alter aus Angst vor drohender Debilität mit einem Schuss ein Ende setzte, erklärte irgendein aufgeblasener Psychiatrieprofessor im Fernsehen, dass Sachs wegen einer offensichtlichen depressiven Verstimmung nicht mehr im Stande gewesen sei, eine selbstständige Entscheidung zu treffen, und man ihn vor sich selbst hätte in Schutz nehmen müssen. Das hat mich empört.

    Selbst wenn ich eine Depression habe, es ist meine, und sie geht den Professor gar nichts an. Es kann nicht sein, dass andere bestimmen dürfen, wann wir über uns entscheiden können und wann nicht. Das ist das Ende der Idee der Selbstbestimmung, der Anfang des totalitären Betreuungsstaats. Und wenn es eine »Fehlentscheidung« ist, die ich treffe, dann ist es meine Fehlentscheidung. Es ist die Konsequenz der Freiheit, auch Fehlentscheidungen treffen zu können. Und es gehört zu einer freien Gesellschaft, sein Lebensende selbst festsetzen zu können. Ich habe trotz Rollstuhl ein schönes und selbstbestimmtes Leben geführt. Ich möchte nicht als Pflegefall enden, der von anderen gewaschen, frisiert und abgeputzt wird. Ich möchte mir nicht den Nahrungsersatz mit Kanülen oben einfüllen und die Exkremente mit Gummihandschuhen unten wieder herausholen lassen. Ich möchte nicht allmählich vertrotteln und als freundlicher oder bösartiger Idiot vor mich hin dämmern. Und ich möchte ganz allein entscheiden, wann es so weit ist und ich nicht mehr will.

    Ohne Bevormundung durch einen Kardinal, einen Ärztepräsidenten oder einen Bundestagsabgeordneten. Und wenn ich das entschieden habe, möchte ich mich ungern vor einen Zug rollen oder mir, wie das verschiedentlich empfohlen wird, eine Plastiktüte über den Kopf ziehen und mit einem Klebeband eng um den Hals befestigen, bis mir der Sauerstoff ausgeht und ich am Kohlenstoffdioxid ersticke. Ich möchte auch nicht in die Schweiz fahren und mich dort auf einem Parkplatz oder in einem Hotelzimmer von Mitarbeitern der Sterbehilfe Exit einschläfern lassen.

    Ich möchte bei mir zu Hause, wo ich gelebt habe und glücklich war, einen Cocktail einnehmen, der gut schmeckt und mich dann sanft einschlafen lässt. Dieses Recht auf einen selbstbestimmten Tod ist das Gegenstück zum Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Ich finde es unerträglich, dass eine Allianz aus Politik, Kirche und Ärzteschaft uns dieses Recht immer noch vorenthalten will. Wir sollten uns das nicht gefallen lassen. Wir sollten den Cocktail einfordern als letzte Leistung unserer Krankenkasse. Der Hinweis auf einen möglichen Missbrauch ist lächerlich. Alles im Leben kann man missbrauchen, auch ein Küchenmesser, und der mögliche Missbrauch einer Sache ist nie ein Argument gegen die Sache selbst. Ob es neben den ethischen Einwänden gegen die aktive Sterbehilfe auch ökonomische Interessenlagen gibt, die einer Cocktaillösung im Weg stehen, weiß ich nicht. Wenn man sieht, welche horrenden Rechnungen gerade in den letzten Monaten eines verlöschenden Lebens von Ärzten und Pharmaindustrie ausgestellt werden, könnte einem der Verdacht kommen.

    Um es klar zu sagen: Ich freue mich meines Lebens und möchte, solange es irgend geht, dabei sein. Aber wenn es nicht mehr geht, möchte ich nicht in einer Weise abtreten, die ich quälend finde und die meiner bisherigen Lebensweise unwürdig ist.

    Udo Reiter: Gestatten, dass ich sitzen bleibe.
    Aufbau Verlag Berlin.

    • Udo Reiter hat es tatsächlich sehr schön auf den Punkt gebracht.

      • KaRo KaRo

        Hallo Alex, besteht die Möglichkeit ein paar Infos mit dir per email über das Thema auszutauschen?
        Ich würde dir sehr dafür danken.

        • Hallo KaRo, ich habe eigentlich alles über dieses Thema gesagt in den zwei Artikeln, die ich zum Thema Sterbehilfe geschrieben habe. Ich kann dem wirklich nichts mehr hinzufügen. Ich hoffe auf dein Verständnis.

      • Lisa Martens Lisa Martens

        Genau so sehe ich es auch.

    • andreas andreas

      Jeder, der sich ein klein wenig mit dem Thema auseinandersetzt, weiß womit das geht (als Arzt will ich keinen Rat dazu geben; ist aber alles frei verkäuflich und trinkbar). Also nicht lange lamentieren und anderen die Schuld in die Schuhe schieben, sondern handeln. Selbstbestimmt. Was soll der Unfug? Ehrlich ist anders (oder wäre der Autor tatsächlich irgendwie – bspw. reaktiv – beeinträchtigt gewesen? Dann will ich es natürlich entschuldigen).

      Aber man stelle sich mal GANZ REAL vor: da sitzt die genannte Ehefrau im Behandlungszimmer. Die Kinder sind scharf auf das Erbe (ich will jetzt gar nicht mal an „Bestechung“ denken), und dem Doktor geht „das Budget“ aus, also empfiehlt er Euthanasie statt teuerer Hilfe.
      Kein Mensch ginge mehr ohne schlimmste Urängste zum Arzt, wenn er so etwas befürchten müßte.
      Schöne neue Welt.
      Moses und Hippokrates wußten also doch was sie taten: „Du sollst nicht töten.“ „Nie werde ich einen Rat zur Tötung geben.“

      Wenn „die Gesellschaft“ das will: bitte schön, dafür könnte es amtlich bestellte „Henker“ geben, meinetwegen sogar mit medizinischer Vorbildung, wenn sie sich dazu hergeben. Die müßten sich wenigstens eine richterliche Genehmigung einholen (analog geschlossener Unterbringung), und alles wäre in bester Ordnung.

      Als praktisch tätiger Arzt: NIEMALS!
      Ich will HELFEN, das Leben lebenswert zu erhalten. Ich rede auch völlig offen über den Tod, es ist nun einmal JEDER davon betroffen. Leiden lindern: Palliativmedizin ist der Weg, wenn schon die „Großfamilie“ (die es heute halt nicht mehr so gibt) nicht mehr helfen kann. Zuwendung, menschliche Wärme. AUSREICHENDE Schmerztherapie (und nicht vorgeschobene, unzulängliche Behandlung!).

      Aber moralisch verwerflicher, als gerade die hilflosesten, verzweifelsten, am meisten leidenden Menschen auch noch im Stich zu lassen, geht es nicht. Sie allein durch das Vorhandensein der Möglichkeit auch noch unter „Druck“ zu setzen: jetzt mach doch endlich ein Ende. Belästige uns nicht weiter. Gib uns endlich deine Kröten. Du bist ja eh nichts mehr wert.

      Ach ja, a propos Doppelmoral: da werden keine Arzneimittel mehr in die USA für Hinrichtungen geliefert. Aber die Oma darf man schon töten?

      • Hallo Andreas, hast du meinen Artikel wirklich gelesen? Gerade solche Kommentare wie deiner zeigen meiner Meinung nach, wie schwierig es ist, über dieses hochsensible Thema eine möglichst sachliche Diskussion zu führen – und wie dringend nötig das in dieser Gesellschaft doch wäre …

      • Michael R. von Collenberg Michael R. von Collenberg

        Hallo Andreas,
        Dein locker schnell mal „hingerotzt“ wirkender Kommentar bestätigt Deine von Dir für Dich in Anspruch genommene helfende Haltung gegenüber Verzweifelten, Suchenden, Fragenden nicht gerade.
        Wenn Du, wie geschrieben, tatsächlich Arzt bist, freue ich mich, nicht Dein Patient sein zu müssen. Du wirkst auf mich – subjektiv aufgrund Deines Beitrags – schnell, unüberlegt, wenig emphatisch, gnadenlos.
        Schon so ein Satz: ‚als Arzt will ich keinen Rat dazu geben; ist aber alles frei verkäuflich und trinkbar‘. Dein Herrschaftswissen hinter Deinem Eid verbergen und den nicht Wissenden als möglicherweise geistig beeinträchtigt einstufen…. Na ja.
        Sorry, das musste ich loswerden, auch wenn Du ja nicht Gegenstand dieses Forums bist.

        Michael

        • andreas andreas

          Sorry für die Kürze. Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten (!) mit dem Thema und finde die Diskussion aus ärztlicher Sicht unerträglich, weil gerade die Schwächsten und Hilflosesten betroffen sind, die unseren Schutz und unsere Fürsorge am allerdringendsten brauchen. Ich bemühe mich, Menschen zu helfen. Das schließt gerade Schmerztherapie auch im Finalstadium ein, und ich ärgere mich sehr über die oft ungenügende Therapie, die die Menschen überhaupt erst in diese verzweifelte Lage treibt.
          Ganz und gar unerträglich finde ich die inzwischen bestehende Möglichkeit, Neugeborene und Jugendliche ermorden zu dürfen.

          @Michael: überlege mal, WARUM ich die Tötung ablehne, und WOFÜR ich dagegen plädiere. Mangelnde Empathie? Hat mir noch niemals jemand vorgehalten…

          Aber wie dem auch sei: wenn „die Gesellschaft“ das will, soll sie es machen. Ich will hier nicht über Dritte urteilen, deren tatsächliche Lage ich nicht beurteilen kann (es mag Einzelfälle geben). Aber bitte unter unabhängiger Aufsicht VOR dem unwiderruflichen Geschehen. Das ist mein allergrößter Kritikpunkt! Es KANN nicht sein, dass so endgültige Handlungen erst nachträglich (und nach Aussagen von Kritikern: zu 60% gar nicht, weil die Meldung nicht erfolgt!) überprüft werden. Ich muss bspw. jedesmal einen Amtsrichter holen, BEVOR ich einen Patienten (>24h) in der Psychiatrie unterbringen lasse; warum bitte soll das nicht für eine Tötung gelten können?

          • alex alex

            @Andreas, warum zweifelst du die Sorgfalt der Prozedur an? Die Sterbehilfe erfolgt in den Niederlanden IMMER auf Initiative des Patienten. Ich wünsche mir, dass das auch irgendwann mal in Deutschland möglich ist.

          • Michael R. von Collenberg Michael R. von Collenberg

            Andreas, ich respektiere Deinen Standpunkt, der nach meinem Eindruck stark von der – sicherlich vorhandenen – Gefahr des Missbrauchs einer liberalen Haltung gegenüber selbstbestimmter Beendigung des eigenen Lebens ausgeht.
            Der Missbrauch einer Möglichkeit stellt sie jedoch nicht infrage, rechtfertigt insbesondere nicht, in die Selbstbestimmung des Einzelnen einzugreifen, sofern die Folgen seines Handelns Dritte nicht oder nur in zumutbarem Umfang betrifft.
            Ich zitiere Reiter, der trefflich formuliert: ≤Alles im Leben kann man missbrauchen, auch ein Küchenmesser, und der mögliche Missbrauch einer Sache ist nie ein Argument gegen die Sache selbst.≥
            Ganz konkret meine Frage: Was berechtigt Dritte meine Selbstbestimmung zu beschneiden und mir das Recht zu nehmen, meinem Leben ein Ende zu setzen?
            Die Unterstellung, dass ich nicht mehr ‚zurechnungsfähig‘ bin, das Maß verloren haben muss, weil ich mein eigenes Leben nicht mehr in Absolutheit als höchstes Gut und damit zum Maßstab meiner Orientierung ansehe?
            Und wer maßt sich an, mich zu entmündigen? Der Priester, der Richter, der Arzt, der Psychologe? Im Namen einer Religion, einer Überzeugung, ohne zu fragen, ob ich sie teile?

            Wer seinen Willen nicht mehr artikulieren kann und nicht vorformuliert hat für diesen Fall, dessen Leben muss beschützt werden, wie jedes Leben, das gegen seinen Willen bedroht ist – auch den vermuteten Willen.
            Ich bin auch einverstanden, dass man junge Menschen, die pubertätsgeschüttelt den Wert ihres bevorstehenden Lebens nicht erkennen können, oder Menschen, die sich hilfesuchend aus einer von ihnen selbst nicht mehr lösbaren Lebenssituation befreien möchten, durch Zuwendung und ‚Weiterlebensangebote‘ daran zu hindern versucht, sich das Leben zu nehmen.
            Aber das letzte Wort muss immer bei dem bleiben, der seines Lebens müde ist – ohne Rechtfertigungszwang und Begründung. Aus Humanität und unserer Achtung der Menschenwürde zu muss eine humane Gesellschaft zur bewussten, freiwilligen Selbsttötung eine Lösung anbieten, die nicht zwingt, sich vor den Zug zu werfen oder sich vom Balkon zu stürzen.

            Ich bin 75 Jahre alt und habe ein glückliches, gesundes Leben gehabt und habe es noch immer.
            Ich fordere das Recht, mich selbst umzubringen oder ggf. Hilfe dabei zu bekommen, wenn ich nicht mehr leben will – ohne das begründen zu müssen.
            Ich zitiere hier noch mal aus dem vorletzten Absatz aus dem Buch von Reiter, der das, was ich hier gerade stümperhaft formuliert habe, meisterhaft gefasst hat:
            ≤Ich möchte bei mir zu Hause, wo ich gelebt habe und glücklich war, einen Cocktail einnehmen, der gut schmeckt und mich dann sanft einschlafen lässt. Dieses Recht auf einen selbstbestimmten Tod ist das Gegenstück zum Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. ……. Wir sollten den Cocktail einfordern (können) als letzte Leistung unserer Krankenkasse.≥

            • andreas andreas

              @alex: bspw. http://www.soulsaver.de/weltgeschehen/euthanasie/, http://www.trisomie21.de/sterbehilfe_holland.html; Onwuteaka-Philipsen et.al.: Euthanasia, in: THE LANCET 8/2003, zit. in Ralph_Charbonnier_Sterbehilfe.pdf. Nicht ICH, sondern andere zweifeln daran. Vielfach wird gerade berichtet, dass es eben KEINE ernstzunehmende Kontrolle gibt („Dunkelziffer“ !!!). Ich bezweifle nicht den guten Willen einzelner, sondern der berichtete Missbrauch auch innerhalb der Ärzteschaft läßt mich misstrauisch – im Sinne von „wachsam“ – sein.

              @Michael: ich habe doch gar keine Einwände gegen die KONTROLLIERTE Euthanasie, unabhängig von meiner privaten Ansicht dazu. Sorry, ich bin nicht der Gesetzgeber. Ich bitte nur zu beachten, dass das „Urvertrauen“ zwischen Arzt und Patient tiefgreifend gestört wäre. Ich behandle gerade VIELE Menschen an der Schwelle zum Tod. Wenn die befürchten müßten, dass meine Therapie – aus welchen Gründen auch immer – gegen ihr Leben gerichtet sein könnte, könnte ich meinen Beruf so nicht mehr ausüben. Mache Dein Anliegen an den richtigen – maßgeblichen – Stellen publik, aber bedenke immer den „schlimmsten“ Fall! Genau deswegen plädiere ich doch ausdrücklich für die – aber bitte: im VORFELD – bspw. staatlich kontrollierte Freigabe.

  25. Geht man von der Mündigkeit, der Selbstverantwortung und der Freiheit des Menschen aus, dann sollte auch die Frage der aktiven Sterbehilfe im Rahmen der gesetzlichen niederländischen Bestimmungen begrüßt und bejaht werden. Das Fehlen entsprechender Regelungen – wie in Deutschland – ist unerträglich. Es ist Menschen verachtend, Patienten z. B. nach einem Schlaganfall, einem Unfall ohne Aussicht auf Heilung mit künstlicher Beatmung, Ernährung und der gesamten Apparatemedizin über Jahre am Leben zu halten, die nicht mehr leben wollen und dies auch dokumentiert haben. Der Hinweis auf Euthanasie im dritten Reich ist dafür keine Entschuldigung, denn die Tötung damals war Mord und nicht aktive Sterbehilfe. Ich habe Verständnis dafür, wenn ein Arzt aus Gewissensgründen nicht für die aktive Sterbehilfe zur Verfügung steht. Natürlich darf niemand dazu gezwungen werden. So wie hier die Entscheidung dieser Ärzte akzeptiert werden muss, ist auch die Entscheidung des Patienten zu tolerieren, die sich persönlich – und wenn sie dazu nicht mehr in der Lage sind, die aktive Sterbehilfe vorher schriftlich festgelegt haben. Bei den Gegner befürchte ich, dass nicht nur religiöse und humanitäre Motive, sondern auch finanzielle Interessen eine Rolle spielen könnten.

    • Religiöser Fanatismus ist immer gruselig …

  26. hallo Alex,

    vielleicht weisst du es – wie sieht es denn rechtlich für einen deutschen aus, der seinen wohnsitz in NL hat ? hat dieser – nach einer gewissen zeit – auch ein anrecht auf sterbehilfe?

    in der CH ist es nämlich so, dass die SH bei der grössten organisation (exit) ebenfalls den eigenen bürgern vorbehalten ist – jedoch wird sie auch ausländern mit gültiger aufenthaltsbewilligung gewährt.
    andere begleiten – wie richtig erwähnt – auch ausländer, die keinerlei wohnstatus in der CH haben.

    danke, Andreas

    • Hallo Andreas, jeder, der in den Niederlanden wohnt, kann im Prinzip die Möglichkeit zur Sterbehilfe in Anspruch nehmen, und das unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit.

      PS Ich habe Deinen Namen hier auf „Andreas D.“ geändert, da zu diesem Thema bereits ein anderer „andreas“ kommentiert hat.

  27. Gerhard Gerhard

    Wer in Deutschland aus dem Leben scheiden will hat es schwer und sollte dies noch schnell erledigen bevor er zu krank ist um selbst Hand anzulegen.
    Ich bin dafür das jeder der sterben möchte auch Unterstützung erhält.
    Wie viele Versuche der Selbsttötung schlagen fehl oder es werden andere mit reingezogen ,Beispiel Lokführer.
    Wer innerhalb eines Jahres 3 mal bei klarem Verstand bekundet das er sterben möchte sollte ein geeignetes Medikament bekommen das er vor Ort einnehmen darf.
    Die Gründe warum jemand sterben möchte sollten rein persönlich bleiben und dürften nicht einer Überprüfung Stand halten müssen.
    Denn jeder hat einen anderen Leidensdruck ,körperlicher, seelischer oder beider Natur.
    Bis es aber mal soweit ist das jeder Mensch seinen Tod frei wählen darf werden noch viele, von Brücken springen, eventuell jemanden vors Auto, sich vor den Zug werfen, Gashähne aufdrehen und somit andere gefährden, Coktails trinken die ihre Wirkung verfehlen.
    Wird es missglückte Selbsttötung geben wo diejenigen als Pflegefälle enden,
    wird es Menschen geben die ein Leben lang die Bilder von Selsttötern nicht mehr aus dem Kopf bekommen mit denen sie konfrontiert worden sind.

    • Man kann wirklich nur hoffen, dass auch hier in Deutschland endlich mal eine offene Diskussion um das Thema in Gang kommt …
      Vielen Dank für Deinen Kommentar, Gerhard. Ich sehe das genau so wie Du.

  28. Deutschmann barbara Deutschmann barbara

    Hallo , wie und wo kann man mit würde und Selbstbestimmung sterben , bei schwerer Krankheit in Deutschland Ich hoffe auf eine Antwort die mir weiter hilft . Danke !

    • Da können meine Leser und ich Dir leider nicht wirklich weiterhelfen, Barbara.

      Kennst Du den Verein Sterbehilfedeutschland? Eventuell erhältst Du dort mehr Informationen.

      Alles Gute,
      Alex

  29. Andreas Andreas

    Hallo Zusammen!
    Mit Respekt verfolge ich ja schon länger diesen Blog.

    Zum Nachdenken schildere ich hier aber einmal einen realen Fall:
    Am Sonntag, dem 12.10.2014 wurden wir vom örtlichen Klinikum mit der Akutdialyse einer Patientin beauftragt.

    Ich redete mit der Patientin, erläuterte ihr Sinn und Vorgehen der Behandlung.
    Mutmaßlich wäre die Behandlung nur wenige Wochen erforderlich, bis das Nierenversagen überstanden wäre.
    Alles war in bester Ordnung, sie stimmte der Behandlung völlig freiwillig und vorbehaltlos zu.
    Wir legten den Katheter und führten die Dialyse – völlig stressfrei – durch.

    An der Dialyse war sie auffallend freundlich und zugewandt. Sie bedankte sich mehrfach ausdrücklich für die ganz besonders freundliche Betreuung, und wie schön es doch sei, dass wir ihr am Sonntagnachmittag dennoch hilfreich zur Seite stünden, obwohl wir doch wohl frei hätten (=> Orientierung!).
    Doch bereits am Montag rief die Station an: die Tochter hätte eine Vorsorgevollmacht vorgelegt, die sie früher einmal unterschrieben hätte, und in der sie keine Dialyse wünsche.

    Kein weiteres Wort.
    Es kam, wie es kommen mußte: nach knapp 14 Tagen verstarb die Patientin (heute lese ich ihre Todesanzeige, und bin doch recht niedergeschlagen; das hätte nun wirklich nicht sein müssen).

    Was lernen wir daraus?
    Ein definitiv NICHT desorientierter Mensch wünscht Hilfe.
    Ein Wille, – jetzt und hier – sterben zu wollen, war nach unseren eigenen Beobachtungen definitiv nicht gegeben.

    Aufgrund einer früheren Verfügung, einem unter welchen – irrigen? – Vorstellungen auch immer verfasstem Papier, wurde die lebensnotwendige Behandlung dennoch abgebrochen.

    Eine Vorsorgevollmacht ist also BINDEND und wird – selbst unter meines Erachtens bedenklichen Umständen – eingehalten. Dies für alle, die irrationale Befürchtungen hegen, dass man dementgegen unangemessen am Leben gehalten würde.
    Dies aber auch zum Nachdenken an alle, WEM man eine solche Vorsorgevollmacht in die Hände gibt (ausdrücklich vorliegend ohne konkrete Anhaltspunkte: im ureigensten Interesse sollte das sicher nicht an – potentiell – wirtschaftliche Randinteressen, bspw. Erbschaft, geknüpft sein…)

    • Andreas Andreas

      PS: als persönliche Konsequenz werde ich einen Passus in meine eigene Vollmacht aufnehmen, dass ich ggfls. unmittelbar nochmals gefragt werde. Selbstbestimmung hängt ab von der jeweiligen konkreten Situation, wie das Erlebte zeigt, und ganz genau dann muss man seine Meinung ÄNDERN können.

      • Dem stimme ich auf jeden Fall zu, denn es ist ja auch so, dass man lernt, seine gesundheitlichen Einschränkungen zu akzeptieren, wenn sie kommen.

        Was mich wundert ist: greift so eine Versorgungsvollmacht oder Patientenverfügung auch, wenn der Patient sich bei vollem Bewusstsein selbst äußern kann? Ich dachte immer, sie wäre für den Fall gedacht, wenn dies nicht mehr geht (Koma o.ä.).

        Ich habe einmal eine Verfügung gelesen, in der es so formuliert wurde, dass, so lange Aussicht auf Besserung besteht, alles Notwendige getan werden soll, und erst wenn dies nachweislich nicht mehr so ist, lebenserhaltende und -verlängernde Maßnahmen (darunter auch Dialyse) eingstellt werden sollen. Dann hätte man im o.g. Fall die Dialyse sogar durchführen müssen.

        Ein schwieriger Fall.

  30. Michael Collenberg Michael Collenberg

    Der von Andreas geschilderte Fall zeigt die konkrete Gefahr von Missbrauch einer Patientenverfügung auf; es ist sicherlich ratsam, sorgfältig darüber nach zu denken, wem man die Macht über den Umgang und den Einsatz der eigenen Patientenverfügung einräumt.
    Zwischen den Zeilen von Andreas steht, dass diese Selbstverständlichkeit nicht berücksichtigt wurde, ein Umstand, der sicherlich kein Einzelfall ist.
    Abgesehen davon, dass üblicherweise in Patientenverfügungen eine situationsbewertende Akutbeurteilung durch eine oder mehrere unabhängige Personen ohne potentielle Eigeninteressen vorgesehen zu sein pflegt und in jedem Fall ein Gespräch zwischen behandelnden Ärzten und demjenigen, der die Verfügung vorlegt; im geschilderten Fall hätte eigentlich eine Frage an die Patientin Klarheit geschaffen.
    Denn Andreas lässt vor meinem Leserauge das Patienten-Bild eines munteren Menschen bei klarem Verstand und heiterem Gemüt, dem das Vorübergehende der Maßnahme bekannt war, entstehen, also eines Menschen, der keineswegs sterben wollte.
    Und ich frage mich bei dieser Ausgangssituation schon, ob hier nicht eine initiative gesprächsweise persönliche Rückfrage ärztlicherseits naheliegend gewesen wäre angesichts der durch die Tochter vorgelegten Verfügung?

    Und eine abschließende Bemerkung genereller Art: Der Missbrauch einer guten Sache – hier das Grundrecht auf eigenverantwortliche Festlegung der Voraussetzungen meines selbstbestimmten Sterbens – spricht nicht gegen die Sache selbst.

    Michael

    • Andreas Andreas

      @Scrooge: Die Regelungen sind individuell, es gibt diverse Vorschläge, aber keine verbindlichen Vorgaben. Genau deswegen sollte man sich Gedanken machen, wozu dieser Blog dankenswerterweise beiträgt, und die Dinge selbst und konkret bestimmen (und sich nicht darauf verlassen, was man vermutet, was andere dann wohl täten; volles Bewußtsein muss nicht unbedingt – rechtliche – „Zurechnungsfähigkeit“ bedeuten, bspw. Kinder, Demenzkranke; dazu unten mehr).

      Ich halte es für ganz wichtig, dass man sich über den Entscheidungsprozess SELBST Gedanken macht, und respektiere jede „momentane“ Ansicht dazu (hierzu ein schönes Beispiel: https://www.nordkirche.de/nachrichten/nachrichten/detail/ekd-ratschef-wuerde-ehefrau-bei-sterbehilfe-begleiten.html). Wie eine Entscheidung dann in einer ganz konkreten Situation ausfällt, ist damit ja nicht endgültig gesagt: man muss eine solche Entscheidung auch überdenken können.

      @ Michael: völlig richtige Gedanken!
      (Kleine redaktionelle Anmerkung: unabhängige Personen werden nur dann hinzugezogen, wenn es so bestimmt wurde, oder bspw. die Situation – medizinisch – unklar ist.)
      Genau aus diesem Grund bieten wir Betroffenen ggfls. Dialyse „auf Probe“ an: erst mal sehen, wie es wirklich ist, entscheiden kann man dann ja immer noch (ca. 4% aller Dialysepatienten sterben durch Abbruch der Behandlung, aus verschiedenen Gründen, immer aber einvernehmlich). Aber erst nachdem man die Fakten kennt, und nicht aufgrund „diffuser Befürchtungen“. Im Alltag erleben wir dann fast immer: „ich hätte ja nie gedacht, dass es so problemlos ist“.

      Leider lag der konkrete Fall völlig außerhalb unseres Einflussbereiches.
      Es gibt aber immer wieder Konstellationen, in denen es genau dazu kommen kann; bspw. „Pflegschaft“ (ein hübsches Wort für Entmündigung) oder sogar „Generalvollmacht“ wegen beginnender Demenz (deren Auswirkungen bekanntlich schwanken können), gleichzeitig Vorsorgevollmacht mit „kategorischem Ausschluß“ gerade von Dialyse. Das wars dann, wenn der „Vormund“ nicht ausgesprochen „mitfühlend“ agiert, sondern rigoros auf Formalitäten pocht (zur Erinnerung: ärztliches Handeln ohne Einverständnis ist nun mal Körperverletzung). Offiziell ist das nicht mal „Missbrauch“, denn man handelt ja – wortgetreu – nach dem schriftlich bekundeten Willen im Fall der „Unzurechnungsfähigkeit“.

      Man kann den behandelnden Ärzten nun wirklich keinen Vorwurf machen, das ist nun mal (trauriger) Alltag.

      Gottseidank geht es hier „lediglich“ um Unterlassen (=“Passivität“: Zulassen des natürlichen Sterbens); meine Befürchtungen gehen ja stets in Richtung Fremdbestimmung / Einflußnahme bezügl. AKTIVER Sterbehilfe.

      Wir alle hier im Blog – ausdrücklicher Dank an die Moderatorin! – sind für uneingeschränkte Selbstbestimmung, das steht wohl fest.

      Meine Gedanken gehen genau dahin, wieviel man davon abgeben sollte, wann und an wen. Die Selbsttötung aus – wahrhaft – freiem Willen an sich ist weder verwerflich, noch (historisch, völlig) unüblich. Die genauen Umstände, so man sie denn demokratisch, also für alle, regeln will, sollten aber angesichts der Unumkehrbarkeit und Risiken wohl erwogen werden.

      Udo Reiter (s.o.) hat es gemacht, wie viele andere. Falls es jedoch im Zustand der Depression geschah, widerspräche genau das aber dem Grundsatz der freien Willensbekundung, sondern stellt u.U. (ganz ohne konkreten Vorwurf, lediglich gedanklich) schlichtweg unterlassene Hilfeleistung dar. DAS ist meine Anregung.

  31. Wachtendorf Wachtendorf

    Finde es sollte auch in Deutschland erlaubt sein!!!!jeder sollte frei für sich entscheiden dürfen ob der Sinn des weiter Lebens gegeben ist oder nicht!!

  32. Für eine Patientin suche ich eine Adresse in den Niederlanden bei der sie sich über Hilfe zur Selbsttötung informieren kann.
    Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören.

    Brigitte Müller Psychoonkologin und Leiterin der Krebsberatungsstelle

  33. Nope Nope

    Wenn ich 18 bin gehe ich da hin.

  34. Paul Paul

    Ich hoffe das kommt nicht zu spät. Ich schreibe eine Facharbeit über das Thema.
    Ich würde dich gerne bitte, ob ich einige Sätze als Zitat in meiner Facharbeit schreiben darf.
    Eine frage habe ich, hast du ein paar quellen von den du das alles hast, oder sind das deine eigene Erfahrungen?

    Freundliche Grüße Paul

    • Hallo Paul,

      Du kannst gerne – mit Quellenangabe – einzelne Sätze als Zitate aus dem Artikel übernehmen. Sofern ich selbst externe Quellen benutzt habe, habe ich diese im Artikel stets verlinkt.

      Herzliche Grüße
      Alex

      • Paul Paul

        Vielen dank für deine schnelle Antwort.

        Mit freundlichen Grüßen
        Paul

  35. Theresi Peters Theresi Peters

    Ich wende euch an euch weil ich austerapiert in DEpressionen und eigentlich nur krank. Ich will nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr. Ich halte das Leben nicht mehr aus, die Menschen und alle sie freuen sich, Ich hänge in diesem Loch und trotz aller Medikamente seit 8 Monaten passiert nichts Ich gehe schon raus.Mein Gefühl ist Scheiße. Das ist kein Leben mehr

    • Theresi, wie sehr mir Deine Situation auch Leid tut: Buurtaal, bzw. ich, kann Dir nicht weiterhelfen. Hier im Blog berichte ich lediglich über die Lage.

  36. Yana Yana

    Kann man in den Niederlanden als Deutscher keine Sterbehilfe bekommen?

    • Liebe Yana,

      die Voraussetzung dafür, in den Niederlanden Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu können, ist, dass man dort lebt, also einen festen Wohnsitz hat und einen Hausarzt, der einen kennt und betreut. Aus diesem Grund wird dieser Weg für die allermeisten Deutschen kaum praktikabel sein.

  37. Viola Viola

    “Sterbehilfe“ oh je, schon sehr lange suche ich nach einem endlichen Ende. Ich hab die Liebe meines Lebens an “Teufel“ Krebs verloren. Obwohl inzwischen fast 4 Jahre vergangen sind komm ich nicht wirklich im neuen Leben an. Es fühlt sich an als wäre es gerade eben passiert. Meine Arbeit in der Altenpflege füllt mich aus. Meine Bewohner lieben mich, wie ich sie. Der Gedanke an Suicid ist mir sehr vertraut.. Ich “arbeite“ an Plan B. Ich bin viel zu jung um Witwe zu sein, und dennoch ist ein neuer Partner definitiv ausgeschlossen. Es gibt sie tatsächlich, dieLiebe auf den ersten Blick.

    • Alex Alex

      Ich wünsche dir alles Gute, Viola.

  38. Lothar Lothar

    Zur Sterbehilfe in Deutschland
    In einem Märchen habe ich mal gelesen über Menschen die durch einen Trank unsterblich wurden. Sie haben sich darüber nicht gefreut, denn als sie älter wurden, wollten diese Menschen endlich gehen doch keiner konnte Ihnen helfen. Ich konnte es damals nicht verstehen, wenn man selbst betroffen ist sieht alles anders aus.
    So geht es vielen Menschen in Deutschland. Die Pharmaindustrie hat das Leben verlängert und wenn man endlich gehen will, ob des Alters der Schmerzen oder Krankheit wegen. Die Regierung verbietet diese Hilfe und stellt die Einfuhr der Mittel und Chemikalien unter Strafe womit sich der Patient selber verabschieden kann. Wie Paradox ist unser Leben und Ende?
    Man freut sich wenn die Medikamente helfen, doch wenn nichts mehr genesen lässt wird man mit den Schmerzen einfach im Stich gelassen. Das ist unwürdig und ein Verbrechen an die Menschen die nicht mehr kämpfen können und wollen.
    Wenn man sich umschaut in den Krankenhäusern und Pflegestationen sieht man das Elend was dadurch entsteht.
    Menschen die unendlich leiden. Ich habe mit etlichen gesprochen die niemand mehr haben und nur eine Tablette oder Trank nehmen würden, weil sie nicht mehr aushalten können und wollen. Das Leben ist für diese Menschen nur noch Quälerei, während andere Egoistisch sind und entsprechende Medikamente und Barbiturate verbieten. Wenn jemand sterben will gibt es Wege die alles noch viel schlimmer machen könnten. Ein Medikament zum einschlafen wäre da hilfreicher und leichter für die Angehörigen. Die Behörden überlassen die Medikamente die den Abschied einleiten den Betrügern, die damit riesige Geschäfte machen und die Sterbewilligen täuschen.
    Lothar

    • Elmar Staffler Elmar Staffler

      Lieber Lothar,
      Du hast die Situation richtig und zutreffend wiedergegeben. Es sind nicht nur die Pharma-Industrie, sondern auch die Kirchen, die Medizin- und Pflege-Lobby, die unter dem Mäntelchen der Humanität und Ethik , ihre Milliardengewinne auf Kosten der, von vor Schmerzen wahnsinnig werdenden, Kranken erbarmungslos verteidigen. Die Politik tritt die Würde und das Selbstbestimmungsrecht des mündigen Menschen mit Füßen. Respekt vor den BeNeLux-Ländern!!!!

  39. Andre Hähnel Andre Hähnel

    Was Euthernasieprogramme anbetrifft, ist Deutschland in der Steinzeit steckengeblieben. Das Verständis vom „lebenswürdigen Dasein und einem sterben mit Würde“ ist hierzulande (leider) noch nicht in den Köpfen angekommen. Im schlimmsten Fall jeden Tag mit Schmerzen erwachen, den Tag mit Schmerzen irgendwie überstehen und sich vor Schmerzen in den Schlaf weinen. Eine harte Realität für viele hierzulande unheilbar erkrankte. Jedes geliebte Tier stirbt in Deutschland humaner wie der Mensch. Es wird erlöst, ein Recht das den (selbstbestimmten?) Menschen in Deutschland verwährt wird. Diesen wird auch noch das letzte stück Leben abgepresst, ob der Patient es will oder nicht – ob er noch leidensfähig ist oder nicht – ganz egal. Da wird sogar der hippokratische Eid schon Mal gerne verbogen um sich seiner Verantwortung als Arzt zu entziehen oder der Klinik noch mehr Geld in der Kasse zu bescheren. Doch den Ärzten ist nicht alleine die Schuld für dieses Desaster zuzuschreiben, denn auch unsere Politiker sind unfähig, sich dem Tabu Sterbehilfe mit neuzeitlichen Geist, Verstand und Weitsicht auf dem Hintergrund einer angemessenen Humanität zu stellen.

    • Ich hoffe inständig, dass sich die Situation hier irgendwann (bald!) ändert, Andre. Das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende halte ich, wie du, für unabdingbar.

      Alles Gute
      Alex

  40. Andre Hähnel Andre Hähnel

    Was Euthernasieprogramme anbetrifft, ist Deutschland in der Steinzeit steckengeblieben. Das Verständis vom „lebenswürdigen Dasein und einem sterben mit Würde“ ist hierzulande (leider) noch nicht in den Köpfen angekommen. Wenn man, wie auch ich selbst, in den pflegenden Berufen arbeitet, sieht und spürt man das Tag ein, Tag aus. Mich persönlich macht dieses unmündige System oft einfach nur traurig, teils wirklich wütend. Im Grunde ist die Weigerung des Staates dem verlangen nach Erlösung unter Berücksichtigung der Fakten, das
    1) jemand unheilbar erkrankt ist und
    2) das Leben nur noch unter Qualen über die Leidensfähigkeit hinaus zu erhalten ist,
    wie ich meine, Widerrechtlich, denn selbst in Deutschland ist „die Würde des Menschen“ unantastbar. Ich frage mich schon seit Jahren, ob es nicht doch einen Weg gibt, das Recht auf einen humanitären Abschied in Würde durchzusetzen. Vielleicht gibt es hier ja einen Anwalt, der mir die Frage beantworten kann, inwieweit dieses Recht über internationale Gerichtshöfe auch für Deutschland verbindlich eingeklagt werden kann.

    • Anfang 2020 hat das Bundesverfassungsgericht den Bundestagsbeschluss aus 2015, dass Ärzte in Deutschland keine Sterbehilfe leisten dürfen, für verfassungswidrig erklärt. So ist zumindest der assistierte Suizid in der Bundesrepublik nun erlaubt.

      Ich habe den Blogbeitrag gerade entsprechend ergänzt.

      • Andre Hähnel Andre Hähnel

        Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem frage ich mich warum sich Deutschland mit einem Eurthernasie-Programm nach holländischen Vorbild so schwer tut.

  41. Emma Kühn Emma Kühn

    Danke für den Beitrag, ich dachte es gibt nur Sterbehilfe in Schweiz.

    Lg Emma

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