Last updated on 01-12-2023
Wenn die Niederländer:innen mit ihrer Königin feiern
Ein Gastartikel von Katrin Langensiepen, die von 2003 bis 2005 in Groningen studierte und dort 2004 Koninginnedag erlebte.
Wer als Deutscher einen entspannten und fröhlichen Nationalfeiertag miterleben möchte, muss nicht so weit fahren. Es reicht, unseren niederländischen Nachbarn einen Besuch abzustatten. Am 30. April feiern die Niederländer ihre Königin. Es ist Koninginnedag – der Nationalfeiertag der Niederlande. Das Königshaus feiert jedes Jahr in einem anderen Ort gemeinsam mit dem Volk. 2004 kam Königin Beatrix – zu meiner großen Freude – nach Groningen.
Der etwas andere Nationalfeiertag
An Koninginnedag ist die ganze Stadt komplett in Orange getaucht. Wimpel, Flaggen, Fahrräder, Menschen, Tiere, Hauseingänge – es gibt nichts und niemanden, das oder der nicht orange ist. Groningen war an diesem Tag wie im Ausnahmezustand, es schäumte über vor Nationalgefühl.
Der deutsche Nationalfeiertag dagegen glich bis vor einigen Jahren eher dem Volkstrauertag – und den würden manche am liebsten aus Kostengründen abschaffen. Der Niederländer zelebriert seinen Nationalfeiertag. Schon der Abend davor begann mit einer einzigen Party. Groningen bereitete sich mit feesten und die feestbeesten mit viel Musik und Alkohol auf die Ankunft der Königin vor.
Familienfest
Koninginnedag selbst war ein ganz entspannter Familientag. Um 11 Uhr morgens erreichte Beatrix mit ihrem Sohn „Prins Pilsje“ (Kronprinz Willem-Alexander) und dem Gefolge das Rathaus von Groningen. Eigentlich wollte ich nur mal schauen, wie die Königin in echt aussah. Ich hatte mit einer netten kleinen Fangemeinde gerechnet, fand mich dann aber schnell im dichten Gedränge von royalen Fans wieder – es gab kein Vor und kein Zurück.
Am Koninginnedag gibt es in den Niederlanden zahlreiche Flohmärkte. Hier zum Beispiel im Vondelpark in Amsterdam.
Bild: Dirk van der Made, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic
Das Königshaus legt wert auf direkten Kontakt mit dem Volk. Und so gönnten sich die Oranjes ein Bad in der Menge, wie man es von Popstars kennt. Sie schüttelten jedem die Hand und zollten ihrem Volk Respekt, das bei gefühlten 30 Grad auf sie wartete.
Den Rest des Tages verbrachte ich dann mit niederländischen Freunden im Park, umringt von orangefarbenen Tulpen, Rädern, Menschen und Tieren. Keine Paraden, kein nationales Trärä, ganz entspannt miteinander und nebeneinander.
Wo gibt es das denn noch am Nationalfeiertag in Kerneuropa? In Deutschland mit seinem Mausgrauen 3. Oktober jedenfalls nicht.
In Frankreich gibt es eine (m.E. grandiose) Parade am 14. Juli, bei den Engländern dieses „Trooping the colours“ zum Königinnengeburtstag, bei den Belgiern gibt es, glaube ich, auch einen Militärparade.
Ist es nicht ein bißchen oberlehrerhaft und im unangenehmen Sinne typisch deutsch, unseren lieben europäischen Nachbarn den Spaß an ihren Nationalfeiertagen miesmachen zu wollen?
Nein das sehe ich nicht so. Die Niederlande sind m.E. eines der Länder, die keine Militärparaden braucht. Es wird mit dem Volk gefeiert und das habe ich in den anderen Ländern, in denen ich andere Nationalfeiertage miterlebt habe, eben nicht erlebt. Das heisst nicht, dass ich es unseren Nachbarn mies machen möchte. Es ist nur ein eindeutiger Unterschied.
Ich stimme dir zu, Katrin, diese Art zu feiern passt einfach zu den Niederländern. Und sie würden sich ganz sicher von ihren deutschen Nachbarn nichts miesmachen lassen. ;)
Ich muss zugeben, dass ich bei meinem ersten Koninginnedag (damals habe ich Königin Beatrix live in Zutphen gesehen), aus dem Kopfschütteln nicht herauskam, da ich die „oranjegekte“ bisher noch nicht am eigenen Leib erfahren und von den bodenständigen Niederländern irgendwie nicht erwartet hatte.
Der deutsche „Nationalfeiertag“, wenn man ihn denn so nennen will, der „Tag der Deutschen Einheit“ war ja jahrzentelang der 17. Juni. Der war aber eigentlich ein Trauertag zum Gedenken an die Opfer des Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953. Irgendwie scheint das auf den 3. Oktober übertragen worden zu sein.
Wer sollte in Deutschland auch eine Rolle entsprechend der Königin der Niederlande übernehmen?
Man stelle sich vor, ein deutscher Präsident würde in einem offenem Wagen durch Berlin fahren und hunderttausende Deutsche würden ihm zujubeln. Da kämen sofort böse Erinnerungen hoch, das will ich mir gar nicht vorstellen.
Was mir aber gestern bei einem kurzen Abstecher nach Venlo aufgefallen ist, es hingen erheblich weniger Fahnen als sonst an den Häusern und eigentlich nur Rot-Weiss-Blau und vor allem hatten mehrere Geschäfte, vor allem die „grossen“ 2Brüder angekündigt, das sie am Königinnentag geöffnet haben. Mag mich täuschen, aber ich kann mich nicht erinnern, das in den letzte Jahren schon mal gelesen zu haben.
Eine interessante Beobachtung, Günter. Aus den Medien bekomme ich nicht den Eindruck, dass man dieses Jahr zurückhaltender feiert – allerdings kann ich das aus der Ferne natürlich schlecht beurteilen.
Dass einige Geschäfte heute geöffnet sind, mag auch mit dem erwarterten Ansturm an kaufwilligen Besuchern aus dem deutschen Grenzgebiet zu tun haben ;-)
Vielleicht wurden die Oranje-Fahnen ja auch noch über Nacht rausgeholt. :-)) Morgens waren es auf jeden Fall so wenig, das mir erst bei einem Blick in die Seitenstrassen die Rot-Weiss-Blau geschmückt waren, das am nächsten Tag Könniginentag ist.
Was die deutschen Shoppingtouristen angeht, hat man da eigentlich die letzten Jahre nicht viel drum gegeben. Da war halt zu. Die Deutschen sind dann halt einen Tag später hingefahren, der 1. Mai ist ja hier Feiertag. Vielleicht wollte man ja die eigenen Landsleute im Land halten, den Königinnentag hin oder her, viele Niederländer nutzten den Tag auch zum shoppen im nahen Oberhausen.
[…] zusammen mit ihrer Familie und Verwandtschaft einen oder zwei verschiedene Orte, wo sie sich unters Volk mischt. Dieses Jahr stehen Besuche in den limburger Gemeinden Thorn und Weert an. Natürlich wird auch […]
Also gut, dann bäte ich für meine starken Worte herzlich um Entschuldigung, bliebe aber bei meiner Feststellung der Offensichtlichkeit, daß der deutsche Nationalfeiertag zwar traditionell langweilig, aber ebenso traditionell frei von Paraden, Träräs und anderen Unentspanntheiten ist. :o)
Also wenn es an unserem „Nationalfeiertag“ heisst:“Der Prinz kütt“, stehen bis zu 1,5 Millionen Menschen an der Strasse, obwohl sie aus Kanonen beschossen und von den Begleitfahrzeugen mit Wurfgeschossen beschmissen werden. :-))
Zitat:
„Der deutsche Nationalfeiertag dagegen glich bis vor einigen Jahren eher dem Volkstrauertag“
Ich habe gerade herzlich gelacht, ich danke dir dafür!!!
Ehrlich gesagt habe ich hier noch niemanden gesehen, der den 3. Oktober feiert. Mag aber auch daran liegen, dass ich in einem Dorf wohne :-)
Danke für den schönen Beitrag!
Klar kannst Du keinen sehen, die sind ja alle in NL oder den anderen Nachbarländern einkaufen. :-))
Ehrlich gesagt, bin ich froh, das sich die Deutschen heute nicht irgendwelche Festtage überstülpen lassen.
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