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In Deutschland gibt es keine Fahrradfahrer

Last updated on 20-05-2021

Ein Gedankenexperiment. Stell dir vor, dass von jetzt an Roller auf deutschen Autobahnen zugelassen sind. Aprilias und Piaggios munter auf der Mittelspur. Ein friedliches Miteinander von Kleinwagen, Mittelklasslern, Bullys, SPOS-Fahrzeugen (ach nee, die heißen hier SUV)SPOS: Small Penis Overcompensation Syndrome, Reisebussen, LKW – und Mopeds.

Verkehrsschild Mofas auf der Autobahn

Das wird doch das totale Chaos, sagst du?

Da sind wir einer Meinung.

Über den Coolness-Faktor lässt sich streiten, aber ein Suzuki Alto ist genauso ein Auto wie ein Maserati. Und mit ein bisschen Rück(-Spiegel)-Sicht vertragen sich die beiden PKW-Arten prima auf der Autobahn.

Aber Motorroller? Die bewegen sich in einer ganzen anderen Liga. Die gehören dort eindeutig nicht hin.

Fußgänger auf Rädern

Und doch ist genau das alltägliche Praxis in Deutschland. Nicht auf der Autobahn, sondern auf den hierzulande weit verbreiteten, benutzungspflichtigen gemeinsamen Fuß- und Radwegen.

Verkehrsschild Kombinierter Rad- und Fussweg

Was ich damit meine?

In den Köpfen der deutschen Verkehrsplaner (und vielen anderen Menschen) existieren Fahrradfahrer nicht. Man nimmt sie einfach als eine Art Fußgänger auf Rädern wahr. Nicht als eine eigenständige Kategorie Verkehrsteilnehmer.

Ein Denkfehler.

Ein Radfahrer ist vier Mal so schnell unterwegs wie ein Fußgänger.

Schwärmer

Der Geschwindigkeitsunterschied ist jedoch nicht der einzige Grund, wieso man Fußgänger und Radfahrer nicht auf den gleichen Weg zwingen sollte. Fußgänger sind Schwärmer. Sie schlendern, flanieren, bleiben unvermittelt stehen, drehen sich um oder schwenken spontan nach links oder rechts, weil sie einen Bekannten sehen.

Sie sind gerne im Pulk unterwegs, haben Kleinkinder dabei oder Hunde – frei laufend oder semi-frei an zehn Meter langen Roll-Leinen.

Sollen sie auch.

Aber bitte getrennt

Fußgänger sollen sich frei und sicher im Verkehr bewegen können. Auf Fußwegen. Also auf Wegen, die für sie gedacht und gemacht sind – getrennt von anderen Verkehrsteilnehmern.

Dort, wo Fußgänger und Radfahrer sich einen Weg teilen müssen, werden Erstere in der Autobahn-Analogie zu Mofas, die ohne zu blinken die Spur wechseln.

Eine unfallträchtige, nervige und stressige Situation für alle Beteiligten.

Und so vermeidbar.

Wer schützt die Radfahrer?

Der jetzt verabschiedete Version 3 des Nationalen Radverkehrsplans der Bundesregierung ist – so die Kommunen ihn denn auch umsetzen – sicher ein Schritt in Richtung einer vernünftigen Radinfrastruktur.

Nur: Zu genau diesem Problem findet sich in dem knapp 80-seitigen PDF-Dokument kein Wort.

So lange Deutschlands Verkehrsplaner nicht begreifen, dass Fahrradfahrer keine rollenden Fußgänger sind, stecken wir in einer Sackgasse.

19 Kommentare

  1. Momo Momo

    Liebe Alex,
    wieder einmal alles richtig auf den Punkt gebracht! Habe neulich ein Interview im Radio mit Herrn Bundesminister Scheuer gehört, live, wie er sich gerühmt hat usw. Musste dann doch laut auflachen, als er das Scenario beschrieb, dass es doch sicherlich sehr schön wäre, wenn ein 12-järiges Kind alleine sicher mit dem Rad unterwegs sein könnte. 12?! Da fehlen einem doch wirklich die Worte. Ansonsten hat er natürlich viele gute Dinge angesprochen, sozusagen das Blaue vom Himmel versprochen. Alles, was sich das Radlerherz so wünscht. Leider gilt die alte Kinderweisheit: wer’s glaubt, wird selig!

    Das Thema gilt lediglich der politischen Selbstprofilierung und tut ja erstmal niemandem weh. In absehbarer Zeit wird sich nichts wesentlich ändern. Du hast es gesagt: es wird an der kommunalen Umsetzung scheitern und an der Einstellung in den Köpfen. Vielleicht in 40 Jahren, oder so?

    • Ich muss mal kurz rechnen … In vierzig Jahren bin ich über neunzig, Momo. Hmm, es besteht also noch Hoffnung, dass ich diese Änderung erleben werde, meinst du? ;)

  2. Momo Momo

    Habe gerade angefangen, den NRVP 3.0 zu lesen (Danke für den Link). Dabei musste ich schon wieder gleich lachen, als ich die „Vision 2030“ gelesen habe. Für ein Verkehrsmittel, das ungefähr so alt ist wie meine Urgroßmutter, wird ein Bild für die Zukunft entworfen, das ich mir seit 40 Jahren als Verkehrsteilnehmer mit dem Rad wünsche, und fühle mich mit meinen Ansprüchen Teil einer Pionierbewegung. Finde nur ich das lustig?

    Hier übrigens der Beleg, dass aus der Sache nix wird (S. 7, sehr klein gedruckt): „Die beschriebenen Maßnahmen stehen personell und stellenmäßig unter dem Vorbehalt der bei den jeweils zuständigen Gebietskörperschaften verfügbaren Haushaltsmittel.“

  3. Trijntje Trijntje

    In Nederland zijn gecombineerde voet/fietspaden heel zeldzaam, ze bestaan wel, soms omdat het lastig is qua ruimte om twee paden aan te leggen.

    Wij hebben een ander probleem: er zijn zoveel verschillende fietsers dat één fietspad voor allemaal lang niet meer altijd veilig is: stadsfietsen, bakfietsen, (al of niet elektrisch), e-bikes en pedelecs, kinderen op de fiets, maaltijdbezorgers. En ik weet niet of deze opsomming compleet is.
    Het is overigens o.a. aan de Fietsersbond te danken dat er zoveel fietspaden zijn in Nederland. In de jaren 70 dreigde autoverkeer alles over te nemen. En nu is het verschil in snelheid tussen fietsers een belangrijk aandachtspunt voor de Fietsersbond.

    • Inderdaad, al die verschillende soorten fietsers met hun verschillende snelheden zijn ook niet erg „compatibel“ met elkaar, dat klopt, Trijntje. Dat probleem hebben we hier in Duitsland natuurlijk ook.

      Ik woon graag in Duitsland, maar de verkeerssituatie – en dan met name voor fietsers – is hier echt een mittlere Katastrophe

      Duitsers denken vaak dat fietsen in Nederland een „natuurlijk“ fenomeen is (geen heuvels en zo). Ik vertel dan inderdaad ook dat er een omslag is geweest eind jaren zeventig en dat dat de reden is waarom fietsers in mijn moederland een hele andere status (met bijbehorende infrastructuur) hebben dan in Duitsland. Met wel of geen bergen heeft dat maar heel weinig te maken.

  4. Lucy Lucy

    Moin Alex!
    Dieser Artikel spricht mir aus der Seele! Ich bin sowohl Fußgängerin als auch Radfahrerin, und aus der Sicht beider sind solche Wege eine Zumutung. In meinem Wohnort führt so ein Fußweg/Radfahrweg sogar durch einen Kinderspielplatz! Unglaublich,oder? Aber gestern bin ich in Stuttgart mit dem Rad unterwegs gewesen. Die Stadt (Autostadt im Talkessel) tut sich besonders schwer, hat aber inzwischen doch ein paar Radwege ausgewiesen. Manche hören plötzlich einfach auf. Dann fahre ich auf dem Fußweg, langsam und vorsichtig natürlich. Ich habe ja Zeit.

    • Das Problem in deutschen Städten ist, dass es kein Verkehrskonzept gibt, das Fahrradfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer berücksichtigt, Lucy.

      • Lucy Lucy

        Ja klar. Das ist in den Niederlanden (und auch in Kopenhagen) anders. Trotzdem behaupte ich mal, daß sich Stuttgart mit Daimler und Porsche im Talkessel zwischen den Hängen besonders schwer tut.

    • Gerne Michael, es freut mich, dass du den nieuwsbrief nützlich findest!

  5. B.A.M. van Goethem B.A.M. van Goethem

    In een van de tips om in Nederland te fietsen staat iets raars. Er wordt geadviseerd niet te bellen als je iemand voorbij wilt rijden. Dat zou als irritant worden ervaren!
    Ik vind dat onzin. Even bellen in die situatie is heel wat vriendelijker dan roepen of niets laten horen en de ander ( vaak een ouder persoon) laten schrikken.
    Gewoon even laten merken dat je er aan komt, dat is wel zo vriendelijk.

    • Mijn eigen ervaring is dat er wel degelijk een cultuurverschil bestaat in het geval van wel of niet bellen. Misschien schrijf ik daar nog eens een apart artikel over.

  6. Caroline Ketting Caroline Ketting

    Liebe Alex, nach 9 Jahren in Deutschland, Mainz, sind wir als holländische Familie fast jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs. Die von Dir erwähnte Frustration ist etwas, das wir regelmäßig erleben. Einfache Lösungen gibt es manchmal nicht. In den Niederlanden kämpft „de Fietsersbond“ der Verband der Radfahrer, seit 1975 dafür, soweit zu kommen, wo sie jetzt sind: ein wunderbares Land zum Radfahren.
    Was meiner Meinung nach einen großen Unterschied macht, ist, dass die Autofahrer in den Niederlanden auch (fast) alle selbst Radfahrer sind und daher mehr Verständnis für diese Verkehrsteilnehmer haben.

  7. […] eine Fahrradinfrastruktur, die von Menschen geplant wird, die selber Rad fahren. Ich vermisse überhaupt ein Verkehrskonzept, in dem das Fahrrad gleichberechtigt neben Auto und Fußgänger […]

  8. Kirsten Elsner Kirsten Elsner

    Dieser Artikel stimmt voll und ganz. Laut STVO in Deutschland dürfen nur Kinder bis zum 10.lebensjahr auf dem Fußweg mit dem Fahrrad fahren. Leider gibt es keine separaten Fahrradwege wie in den Niederlanden; das finde ich sehr gut durchdacht von den Straßenplanern bei euch. Und viele Radfahrer in Deutschland haben es ja auch nicht nötig , rechtzeitig zu klingeln. Man erschrickt sich jedes Mal, wenn plötzlich jemand hinter einem auftaucht.
    LG Kirsten

    • Zum Thema „klingeln, ja oder nein“ werde ich irgendwann einen eigenständigen Artikel schreiben, Kirsten.

      Groetjes,
      Alex

      • Charlotte Charlotte

        Meine Erfahrung, ob man klingelt oder nicht, die Fußgänger*innen erschrecken sich immer.

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