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Geschlechtsneutrale Anrede im Niederländischen auf dem Vormarsch

Last updated on 02-10-2023

Keine „Damen und Herren“ mehr

Dames en heren, eine klassische Anrede für gemischte Gruppen, ist nicht mehr zu hören in den Niederlanden. Zumindest nicht, wenn man mit der Bahn fährt. De NS, die niederländische Bahn, hat die Ansprache in Bahnhöfen und Zügen durch das mehr oder weniger gender-neutrale beste reizigers ersetzt.

Sinngemäß ins Deutsche übersetzt heißt beste reizigers: liebe Reisende

Die NS begründet den Schritt damit, dass sich jede Person in ihren Zügen und Bahnhöfen willkommen fühlen soll, ungeachtet ihrer geschlechtlichen Identität.

Eine gute Entscheidung, finde ich.

Inklusive Sprache

Politisch korrekte Anreden erzeugen oft eine gewisse Reibung, weil sie zwar formal richtig sind, aber gestelzt klingen. In der deutschen Sprache ist dies übrigens eine größere Herausforderung als im Niederländischen, denn im Deutschen unterscheiden sich auch Artikel und Adjektive je nach Geschlecht. Das ist im Niederländischen nicht so.

Kein ausgesprochenes Entweder-oder mehr

Die neue Anrede der niederländischen Bahn hört sich jedenfalls natürlich und flüssig an. Sie vermeidet relativ geschickt die klassische Zweiteilung Mann/Frau. Alle, die sich gender-technisch irgendwo dazwischen oder auch abseits dieser Kategorien fühlen, dürften sich damit genauso angesprochen fühlen.

Generisches Maskulinum

De reiziger (jemand, der reist) ist grammatikalisch gesehen zwar ein männliches Substantiv und damit nicht genderneutral. Im heutigen Niederländischen, wo zum Beispiel auch weibliche Berufsbezeichnungen immer mehr aussterben, werden vermutlich die wenigsten Menschen darüber stolpern.  Vor meinem geistigen Auge sehe ich dabei ach wirklich eine bunte Gesellschaft vorbeiziehen.*

Individuelle Ansprache

Beste reizigers ersetzt „dames en heren“ in allen Ansagen der Nederlandse Spoorwegen, die vom Band laufen. Man hört es auch in den Durchsagen an den Bahnhöfen, mit denen Reisende und Wartende über einfahrende Züge, Gleisänderungen und andere Gegebenheiten benachrichtigt werden. Im direkten Kontakt bleibt es dem Bahnpersonal überlassen, wie es einzelne Fahrgäste anspricht.

  • Es gibt zwar auch eine weibliche Form von de reiziger, nämlich de reizigster. Die jedoch hört man in der Praxis immer seltener.

7 Kommentare

  1. Danke für diesen Blog! Wenn ich auch nicht immer alles lese, so finde ich doch nette Anregungen und Auffrischungen meiner Sympathie für Holland die Niederländische Sprache. Alles wirkt super professionell und liest sich gut.
    Beste Grüße aus Österreich, Anna

    • Das freut mich sehr, Anna Mika. Dank je wel :)

  2. Liesbeth Kieboom Liesbeth Kieboom

    Schiet NS niet het „doel“ voorbij? Volgens mij ben ik een reizigster en niet een reiziger…..

    • Die Nederlandse Spoorwegen würden dich als Individuum bestimmt mit mevrouw Kieboom anreden, Liesbeth. Es geht in besagter Anrede um die Pluralform und für mein Empfinden sind damit ALLE Menschen gemeint.

      Fühlst du dich von „beste reizigers“ wirklich nicht angesprochen?

      • Ich finde auch, es ist eine gute Lösung, aber wie du siehst, Alex: Manchen kann man es nie recht machen. Sommigen hebben altijd iets te mopperen.

  3. Kunibert Greib Kunibert Greib

    Beste Alex!
    Ich schreibe jetzt mal auf Deutsch, obwohl ich Niederländisch kann, aber so geht´s schneller.
    Ich bin in Amsterdam geboren und zweisprachig aufgewachsen. Mit knapp 10 Jahren ist meine Mutter (Vater war deutscher Soldat) mit uns drei Kindern nach Österreicht gezogen, das damals zum „Deutschen Reich“ gehörte. Niederländer sagen, meine Aussprache sei perfekt, man würde gar nicht merken, dass ich Deutscher bin. Dies zu meiner Vorstellung.
    Ich habe in Erinnerung, dass man zu „Anrufen“ oder „Telefonieren“ opbellen und nicht bellen sagte. Erinnere ich das falsch oder hat sich auch hier die Niederlänische Sprache verändert?
    Hartellijke groeten en het besten voor jouw!
    Koen

    • Hallo Koen, sowohl opbellen als bellen ist korrektes Niederländisch. Opbellen ist tatsächlich die ältere Form.

      Die Auskunft der Sprachzeitschrift „Onze Taal“ sagt folgendes dazu:

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