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Zoff um den Apostroph

Ein Beitrag über den unterschiedlichen Gebrauch des Genitiv-Apostrophs im Deutschen und im Niederländischen. Gar nicht so einfach, dieses Hochkomma …

Auflockerung der Apostroph-Regel

Noch nicht allzu lange ist es her, da durfte Anna ihr Floristikgeschäft nicht als Anna’s Blumenlädchen bewerben und ebenso wenig Moni ihren Maniküresalon als Moni’s Nagelstudio. Zumindest nicht nach den eisernen Regeln der deutschen Rechtschreibung, denn die waren in diesem Bereich eindeutig: Das Genitiv-s wird im Deutschen bei Eigennamen (und manchen Verwandtschaftsbezeichnungen) direkt angehängt. Ohne Wenn und Aber und auf jeden Fall ohne Apostroph.

Die Zeiten haben sich geändert. Seit der letzten Rechtschreibreform ist die Regel aufgeweicht. In § 97 unter Abschnitt E in der hochoffiziellen Deutschen Rechtschreibung steht:

Von dem Apostroph als Auslassungszeichen zu unterscheiden ist der gelegentliche Gebrauch dieses Zeichens zur Verdeutlichung der Grundform eines Personennamens vor der Genitivendung -s oder vor dem Adjektivsuffix -sch

Andrea’s Waffelparadies gehört also Andrea, und nicht – sollten da jemals Zweifel aufkommen – Andreas.

Damit haben die Andreas und Carlos dieser Welt den amtlichen Segen erhalten, genau das zu machen, was man eh schon überall gesehen hat: Der Apostroph vor dem Genitiv-s ist im Deutschen zwar nicht korrekt, aber sehr weit verbreitet. Oma dürfte ihren Apfelkuchen übrigens immer noch nicht als Oma’s Apfelkuchen unter die Leute bringen, denn Oma ist kein Eigenname.

Apostroph als Ersatz für das Genitiv-s

Der Apostroph hat seine Berechtigung bei Namen, die auf s, ss, ß, tz, z, x oder ce enden. Hier kommt er nämlich anstelle des Genitiv-s:

Beatrix‘ Flötenkränzchen
Fritz‘ Pfeifensammlung
Markus‘ Evangelium

Der Genitiv-Apostroph im Niederländischen

Früher spielte ich mal mit dem Gedanken, ein Tagescafé mit typisch niederländischen Spezialitäten aufzumachen. Toll, dass ich mein Lokal – so ich eins hätte eröffnen wollen – ruhigen Gewissens als Alexandra’s Teestübchen hätte bezeichnen können. In meiner Muttersprache dürfte ich das sowieso. Dort ist de apostrof nach einem Namen, der auf einem Vokal endet, nicht nur erlaubt sondern obligatorisch.

Alexandras Blog vs. Alexandra’s blog

Würde man das Genitiv-s, das im Niederländischen als bezits-s bezeichnet wird, einfach nur an das Grundwort anhängen, würde sich damit die Aussprache verändern. Und das ist nicht erwünscht.

Carlo’s zeiljacht
Alexandra’s blog

Im Niederländischen komme ich mit meinem Namen also nicht um den Apostroph herum; im Deutschen sollte ich ihn tunlichst vermeiden.

Cafe Le Menagerie in Hannover

So hätte Alexandra’s bzw. Alexandras Spezialitätencafé aussehen können.

Keine Regel ohne Ausnahmen

Diese Regel gilt übrigens nicht für das „stumme e“ (Schwa) und auch nicht für das „e“ mit accent aigu: é. Ebenso wenig betrifft sie Namen, die auf zwei Vokalen oder einem langen ij enden. Allerdings erlauben die etwas lockeren Rechtschreibregeln der sogenannten witte spelling auch in diesen Fällen ein Apostroph.

Hannes multifocale bril –> Die Gleitsichtbrille von Hanne
Esmées Youtube-kanaal –> Der Youtube-Kanal von Esmée
Andrés smartlap –> der Schmachtfetzen von André
Gerrit Komrijs gedichten –> Die Gedichte von Gerrit Komrij

Zischlaute

Endet ein Name auf s, z oder x, so ist es wie im Deutschen. Dann wird nämlich ein Apostroph angehängt und auf das Genitiv-s verzichtet. Gehörte die oben erwähnte Segelyacht nicht Carlo sondern Carlos, wäre es also Carlos‘ zeiljacht.

Alex‘ en Bas‘ nieuwe cd –> die neue CD von Alex und Bas
Alcatraz‘ ruime inrichting –> Die geräumige Innenaustattung von Alcatraz


Ursprüngliches Veröffentlichungsdatum: 16. Mai 2013

26 Kommentare

  1. Also, auf deutsch heißt das Dingi „Deppen-Apostroph“ (wie Dir bei den Vorstudien zu Deinem Artikel kaum entgangen sein dürfte…) und ist neben dem Deppen Leerzeichen die tod sicherste Methode, die ich Deutsch Land als Unter Mensch auszuweisen. ;-)

    Das macht man halt einfach nicht.

    • Vielleicht wäre diese Pille etwas für Dich, Klaas. Sie macht das Leben wesentlich angenehmer …

  2. Trijntje Trijntje

    Nooit geweten van die apostrof, hoe de regels daarover zijn in het Duits.
    In het Nederlands had ik de regels niet kunnen omschrijven, maar ik zou het wel in alle gevallen die je noemt goed hebben gedaan.
    Leuk, om over zo’n simpel tekentje een blog te lezen!

    • Het is inderdaad een simpel tekentje Trijntje, maar wel eentje waar mensen elkaar snel over in de haren vliegen …

  3. Dass der Duden die Schreibung mit Apostroph für den Genitiv erlaubt hat, ist doch eine Folge der zunehmenden Anglikanisierung der deutschen Sprache. Einen Apostroph setzen ist eben hip, cool und stylish, weil es English ist. Die Deutschen wissen einfach nicht mehr wie man es richtig macht. Die alte Regel war sehr eindeutig. „Andreas Waffelparadies“ ist das Waffelparadies von Andrea und „Andreas’ Waffelparadies“ jenes von Andreas. Da bedarf es einfach keines zusätzlichen Apostrophes für die Andrea. Dass der Apostroph zugelassen wurde, ist nur ein weiterer Schritt zum Tod der deutschen Sprache. Ich persönlich verwende niemals einen apostrophiertes Genitiv-s. Das ist mir zu undeutsch.

    • seh ich haargenauso.
      Insgesamt wird der deutschen Sprache seit der missratenen Rechtschreibreform (gilt die eigentlich mittlerweile bundesweit?) Gewalt angetan, wo es nur geht.
      Meine liebsten Apostrophe sind immer noch:
      In einer Einladung zu einem Stadtfest: „Triff Star’s und Promi’s“
      sowie zur Karnevalszeit die „Sitzung’sparty“ — als ein Wort geschrieben.
      Das müssen Leute ohne jegliches Sprachverständnis verzapft haben.

      Wenn schon kein Sprachverständnis — warum dann nicht mal ein Rechtschreibprogramm im Computer?

    • Henning Henning

      Dieser Punkt wird immer wieder in der Usenet-Gruppe de.etc.sprache.deutsch gebracht. Aus den Antworten dort habe ich mitbekommen: Tatsächlich wurde das früher (also im 18. und 19. Jahrhundert) nicht so gesehen. Die Ablehnung des sogenannten Deppenapostrophs ist _relativ_ neueren Datums.

      BTW: Anglikanisch bezeichnet eine Religionszugehörigkeit)

      • Es muss natürlich Anglizisierung heißen. Ein sehr peinlicher Fehler.

        Mit Verlaub, aber das 18. und 19. Jahrhundert sind nun wirklich ein schlechtes Beispiel, denn da gab es noch keine verbindliche Rechtschreibung. Da konnte jeder Apostrophen nach Lust und Laune setzen. Eine erste verbindliche Rechtschreibung wurde um 1880 festgelegt und 1902 wurde diese zu dem reformiert, was wir heute als die Alte Rechtschreibung kennen. In der Tat findet sich der Apostroph auch in vielen Firmennamen wieder wie z.B. Beck’s, Kaiser’s. Aber diese sind meistens älter als die Rechtschreibung.

    • Froggy Froggy

      Ach je … Dass Moni’s Nagelstudio, Promi’s und Star’s nerven – na klar, man kann ja nicht immer übers Wetter reden. Und ja, die alte Regel ist eindeutig. (Ansonsten hat die gestutzte Reform viele Ungereimtheiten beseitigt.) Auch die Klage über den Verfall der Sprache ist so alt wie über den der Jugend. Okay.

      Schwer auszuhalten ist – für mich – die Rede davon, dass etwas „undeutsch“ sein soll. Hier drückt Sprache mehr aus, als es ein falsch gesetztes Apostroph jemals vermag.

      • Was ist für Sie daran so schwer auszuhalten, dass etwas undeutsch ist? Wenn der Apostroph so deutsch ist und ein falsch gesetztes Apostroph überhaupt nichts ins Gewicht fällt, warum führen wir ihn dann nicht generell als Genitiv-s ein: das Tür des Hause’s, der Griff des Fenster’s. Oder besser noch als Fugen-s: das König’s Haus, die Henker’s Mahlzeit.

        • Nanana, jetzt übertreiben Sie aber.
          Man muss es ja nicht schlimmer machen als es schon ist!

  4. Bei Vornamen, die nicht auf s, aber auf x und z enden, gäbe es (zumindest im Rheinland und tendenziell _umgangssprachlich_, aber mE weniger peinlich als das Deppenapostroph) noch die Möglichkeit, ein „en“ anzuhängen: „Fritzens Haus“, „Beatrixens Krone“. Würde ich in der Schriftsprache aber auch vermeiden.

  5. Michael Michael

    Oh je, ein Wespennest-Thema…

    In der Schule (deutsche Schule, Abi-Jahrgang 89) wurde es uns, wohl mit Erfolg, bis zum Erbrechen eingetrichtert, dass ein Apostroph beim Genitiv nichts zu suchen hat. Da bin ich selbst dann plötzlich ganz deutsch.

    Für mich ist es im deutschen Sprachgebrauch immer noch unerträglich Dinge zu sehen wie Cheyenne’s Nagelstudio oder Mutti’s Futterstube. Ich kann es leider nicht ändern, ich assoziiere grundsätzlich gewisse soziale Milieus beim Gebrauch dieses Zeichens. Aber der Titel Cheyenne’s Nagelstudio bietet doch ein herrliches Kopfkino für ein scripted reality (Vorsicht: Anglizismus) Dokudrama im Prekariats-TV, oder? Cheyenne ist eigentlich der Name einer Stadt (für die Western-Fans unter uns)… Schreibt man den Vornamen nicht besser so: Shayenne? Dann wäre es Shayenne’s Nagelstudio. Sieht doch noch schärfer aus. Das spricht man dann so aus: Schajännes Nagelstudio.

    Bin ich jetzt ein schlechter Mensch? Ab und an bin ich jedenfalls gerne ein großer Freund der Political Incorrectness (hierfür gibt es kein schönes deutsches Wort, das den Sachverhalt besser ausdrücken könnte).

    Das war Michael’s Kommentar.

    Beste Grüße ;-)

  6. Bob Bob

    Ehrliche Meinung? Die Regeln sind mir zu kompliziert für so etwas. Das ist Bobs’s Meinung dazu.
    Bin ich eben ein Depp, dafür habe ich gute Laune!

    Hey Klaas, trollst du ober bist du echt zo een zuurpruim?

  7. Charlie Charlie

    Ich kann nicht erkennen, dass ein Genitiv-Apostroph, der der Kenntlichmachung des Endes von Namen dienen soll, eine Verenglischung (=Anglisierung!) des Deutschen darstellt. Im Englischen gibt es so eine Regel, die speziell Namen betrifft, jedenfalls nicht.

    Aber im Türkischen. Mir sieht das Ganze eher nach einer willkommenen Turkisierung der deutschen Schriftsprache aus. Vielleicht liegt das daran, dass ich in einem Viertel wohne, in dem auch viele Kinder deutscher Ethnie ein ganz passables Türkisch sprechen und später in der Schule gerne diese „praktische“ Sprache als Wahlfach belegen. Jedenfalls ist die Parallele auffällig und die Idee, zu zeigen, was noch zum Namen gehört und was nicht mehr, gar nicht so schlecht.

    Außerdem stimmt, was oben geschrieben wurde: Der Genitiv-Apostroph hat in der deutschen Schriftsprache eine sehr, sehr lange, vom Englischen unabhängige und eigenständige Tradition, und es wurde erst vor gut hundert Jahren im Zuge der Einführung einer Rechtschreibung den kaiserlichen Untertanen untersagt, diesen in amtlichen Schriftstücken und an Lehranstalten weiterhin zu benutzen.

    Weiß hier jemand, wann sich Österreich-Ungarn und die Schweiz dieser Regelung angeschlossen haben?

    P.S.: Der Apostroph kam nicht von den Britischen Inseln zu den Deutschen, sondern aus dem Neuen Testament, das komplett auf Koiné-Griechisch geschrieben ist.

    P.P.S.: Es gab immer wieder englischsprachige Schriftsteller, die den Genitiv-Apostroph, wo er nicht für einen Vokal steht wie in box’s, bewusst wegließen. Und viele englische Muttersprachler haben Schwierigkeiten damit, its und it’s an die jeweils passende Stelle zu setzen, denn its ist doch ganz eindeutig der Genitiv von it

  8. Gernot Gernot

    Soweit ich mich darueber informiert habe, kennt das Englische einen gewissen „Saxon Genitive“ (saechsischen Genitiv) bei z.B. „The man’s hat“ (Der Hut des Mannes – De hoed van de man) usw., wobei der Suedwestdeutsche haeufig diesen „schwaebischen Genitiv“ verwendet, wie „De‘ Maah sei‘ Huot“ (Dem Mann sein Hut)…. Meine Kinder sagen doch, sogar schreiben lieber „Der Hut vom Mann“, was der Bastian Sick in seinem Band >>Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod<< bereits vorhergesagt hat.

    In der Anfaengerphase des Niederlaendischlernens hatten mich genau solche Saetze "Alex' en Bas' nieuwe cd" echt zu schaffen gemacht! Da u.a. unterscheidet sich gravierend die deutsche von der niederlaendischen Zeichensetzung.
    :-)

    • Auch in der niederländische Umgangssprache sind Konstrukte wie

      mama haar fiets
      oder
      Jan z’n vrienden

      durchaus üblich.

      Deinen letzten Absatz verstehe ich nicht so recht. In diesem Fall machen es das Deutsche und das Niederländische nämlich genau gleich:

      Alex‘ en Bas‘ nieuwe cd –> Alex‘ und Bas‘ neue CD

  9. […] Abkürzungen wie pc, lp, cd, dvd und tv schreibt man im Niederländischen klein, im Deutschen hingegen mit Großbuchstaben. Statt tv und lp sieht man manchmal auch teevee und elpee. Bei abgeleiteten Formen wie der Mehrzahl und dem Diminutiv solcher Akronyme oder Initialwörter schreibt man ein Hochkomma oder Apostroph: […]

  10. Jochen Jochen

    Es gibt neben dem Genitiv-S noch eine weitere Verwendung des Apostrophs, die mir bei der niederländischen Sprache auffällt: bei der Mehrzahlbildung. Einige Beispiele aus dem Internet:

    * Das Königshaus zeigt actuele foto’s (https://www.koninklijkhuis.nl/foto-en-video/actuele-fotos)
    * anbw zählt elektrische auto‘s (https://www.anwb.nl/auto/themas/elektrisch-rijden/elektrische-autos/welke-autos-zijn-er)
    * Wikipedia listet televisieprogramma‘s (Lijst van televisieprogramma’s – Wikipedia)

    Kann jemand zu diesem Thema etwas sagen?

    • Hallo Jochen,

      da verhält es sich analog zu der Situation mit dem Genitiv nach einem Namen, der auf einem Vokal endet. Substantive, die normalerweise eine Endung auf -s erhalten würden, bekommen stattdessen ein ’s:

      de foto – de foto’s
      de auto – de auto’s
      het programma – de programma’s

      Würde man das -s direkt hinter das Substantiv packen, müsste man den Schlussvokal plötzlich kurz statt lang aussprechen, und das verstößt gegen die niederländischen Aussprache- und Rechtschreiberegeln:

      https://www.buurtaal.de/lange-und-kurze-vokale

      https://www.buurtaal.de/aussprache-geheimnis-niederlaendische-vokale

  11. Ich schrieb gerade eine E-Mail auf Niederländisch und da stieß ich auf dieses Problem (ich finde die Apostrophregeln im Niederländischen nicht so einfach), also habe ich gegoogelt und Ihre Website gefunden. Sehr hilfreich, danke!

    • alex alex

      Das freut mich, Olaf!

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