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Gelungene Integration: Fahrrad fahren wie die Niederländer

Last updated on 28-09-2017

Ein Umzug in ein anderes Land bringt viele kleine und größere Herausforderungen mit sich. Ab welchem Punkt „gehört man dazu“? Katrin hatte ihr Aha-Erlebnis auf dem Fahrrad. Die 31-jährige Deutsche lebte drei Jahre in der nordniederländischen Stadt Groningen, wo sie Logopädie studierte.

Ein Gastbeitrag von Katrin Langensiepen

Was dem Deutschen sein Auto, ist dem Niederländer sein fiets. Unsere Nachbarn transportieren alles mit ihren Fahrrädern: mehrere Kinder gleichzeitig, Weihnachtsbäume, den Wocheneinkauf einer Großfamilie; sie managen sogar ihre Umzüge. Ganz besonders beliebt – weil deutlich erschwinglicher und flexibler als ein Auto – ist het stalen ros (das „Stahlross“) in Studentenstädten wie Groningen.

Fahrräder in der Utrechter Innenstadt

Fahrradfahrer an die Macht

Autofahren macht in Städten wie Groningen mit rund 40.000 Studenten keinen Sinn. Die Radfahrer sind dort die Macht. Steht man an einer Ampelkreuzung und die Ampel schaltet für alle Radfahrer auf GRÜN, setzt sich eine große Masse in Bewegung, um auf die gewünschte Straßenseite zu kommen. Als Laie möchte man am liebsten abspringen, um sicher zu Fuß an das andere Ende zu kommen. Ein Fehler! Man muss einfach doorfietsen – weiterfahren, –, ohne Rücksicht auf Verluste, das Ziel immer vor Augen habend.

Das Gute: es gibt keine Verluste! Es ist wie eine geheime Absprache untereinander, man nimmt aufeinander Rücksicht und jeder kommt heil an sein Ziel. Selbst wenn es mal zu Unstimmigkeiten kommt, bleiben die Beteiligten ruhig und meinen ,,Geeft niks“ (kein Problem). Ein Verhalten, dass man sich in Deutschland vielleicht mal abschauen sollte.

Überholung pur

Und ab wann ist man als Deutscher denn nun wirklich in den Niederlanden angekommen? Was sind die Anzeichen gelungener Integration? Meine Antwort: Dann, wenn man als Deutscher seinen ersten Niederländer auf dem Fahrrad überholt hat. Wenn man schneller ist als sie!

Oder aber auch dann, wenn man es schafft, mit ihrem Tempo mitzuhalten und sich auf Mitradler und Überholer (Autos eingeschlossen) zu konzentrieren und gleichzeitig noch tief gehende Gespräche zu führen. Dann ist die Integration gelungen, dann fällt man mit seinem schicken Rad und Körbchen hinten drauf gar nicht mehr so als Deutscher auf.

62 Kommentare

  1. Bettiena Bettiena

    Ik lees graag je stukjes en moet vaak gniffelen……. Ik woon al weer 5 jaar in Duitsland in Norden….. Ik ben een echte Hollandse FIETSTER, en dat zijn ze hier niet gewoon!!!! Boodschappen op de fiets…..links en rechts de boodschappentas, in de korf en ook nog in de tassen achterop…..
    Voor een rood stoplicht wachten???? Jahoor, maar als ik niets zie…………doorfietsen……….en zeker niet met de hand aan de fiets en lopend oversteken, want er staat een poppetje op het verkeerslicht en niet een fiets en een poppetje. Al fietsend oversteken…….en als ik ergens fiets, wat alleen voor voetgangers bestemd is en er staat politie……fiets ik vrolijk er op af en zeg heel netjes: Entschuldigung……. Menigeen zie ik al links of rechts de zijstraatjes in vluchten. (Heb geen bekeuring gekregen………….)
    Mijn zoon en ik ratelen en lachen vrolijk op de fiets….we worden door menig mens nagekeken…………..Heerlijk op de fiets en we zijn nooit ziek!!!!!
    Zonder muts!!!!!!

    • Hoi Bettiena,

      heel herkenbaar, wat je schrijft. Ik doe hier in Hannover (lekker vlak) ook bijna alles op de fiets en laat me daarbij nog steeds door mijn Nederlandse gevoel leiden :-)

      En inderdaad, ik zeg ook altijd dat fietsen goed is voor je weerstand. Met een warme jas en handschoenen zijn temperaturen onder het vriespunt überhaupt geen probleem.

      • Günter Günter

        Da hast Du mit Hannover aber auch eine der wohl Fahrrad freundlichsten Großstädte in Deutschland erwischt. In den meisten deutschen Goßstädten sieht das erheblich schlimmer aus, da könnte Dich das niederländische Gefühl schnell in’s Krankenhaus oder auf den Friedhof bringen. Kann die Radfahrer nicht zählen, die ich in Köln schon auf der Strasse liegen sah, weil sie glaubten, die STVO würde für sie nicht gelten, oder sie könnten bei Rot noch schnell über die Ampel. Fahre auch gerne Rad, aber z.B. Kölner Innenstadt mit Fahrrad? Nein danke, dann lieber zu Fuss.

        • Ich kenne nur Hannover, aber ich zweifle nicht daran, dass Du Recht hast, Günter. Trotzdem muss ich auch hier tierisch aufpassen im Straßenkehr, da viele Autofahrer einfach nicht auf Fahrradfahrer eingestellt sind. Auch wenn ich mich an die Regeln halte, muss ich oft ausweichen oder eine Notbremsung einlegen, weil man mich „übersieht“.

          • Günter Günter

            Natürlich muss man überall aufpassen. Habe vor einigen Wochen/Monaten einen Bericht über polizeiliche Unfallerfassung in Hannover gesehen und da waren auch mehrere Unfälle mit Radfahrern die angefahren wurden. Trotzdem, wenn ich meinen Sohn in Hannover besucht habe, bin ich auch mit seinem Rad gefahren ohne das Gefühl zu haben wie in Köln, den Kopf dauernd wie das Radar einer Awacs rotieren zu lassen. Mein Sohn hat in seinen fast 5 Jahren in Hannover gar kein Auto gehabt und ist fast nur mit Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren.
            Was mich an dem Artikel allerdings wundert ist der Satz:“ Dann, wenn man als Deutscher seinen ersten Niederländer auf dem Fahrrad überholt hat. Wenn man schneller ist als sie!“ Ich habe nämlich immer den Eindruck, das da ganz gemütlich gefahren wird. Schnell kann man mit den Holland-Rädern ohne Schaltung doch gar nicht fahren, oder?

            • Es fahren nicht alle Niederländer auf Hollandrädern ;-)

              • Günter Günter

                Klar nicht alle, aber optisch habe ich den Eindruck, das die schon in der Mehrzahl sind. Wenn ich mir das Photo anschaue, kann ich da eigentlich auch nur „Hollandräder“ sehen. :-)

  2. Bob Bob

    Leuk stuk en een werkelijk mooie foto.

    Idee: een zelfde stuk over gelukte integratie in de andere richting. Wanneer ben je als Hollander in Duitsland echt geintegreerd?

    • Dankeschön Bob. Deinen Vorschlag finde ich richtig gut. Ich behalte ihn mal im Hinterkopf. Ich könnte mir übrigens vorstellen, das auch diese „umgekehrte Integration“ ein Thema für einen Gastbeitrag wäre …

      PS: Das Foto habe ich mal in der Utrechter Innenstadt gemacht. Da gelten ja ähnliche Umstände wie die, die Katrin in Groningen erlebt hat ;-)

    • Günter Günter

      Holländer sind doch, zumindest im Rheinland, immer direkt integriert, …wenn sie wollen. Voll integriert sind sie, wie im Fall von zwei Freunden von mir, wenn die Kinder kein holländisch mehr können. -lol-

  3. Katrin L Katrin L

    Wollte schon Fragen, ob das Foto in Groningen gemacht wurde. Diese Ähnlichkeit……;)

  4. Karin Weiss Karin Weiss

    Dieses Thema trifft mich zutiefst. Bin seit 25 Jahren in NL, Führerschein noch in HH (breite, deutliche Strassen, von Fahrrädern keine Spur), kam dann nach Groningen, wo man als Autofahrer nichts zu sagen hatte. Selbst abends, ins Nachtleben, mit vollem Make Up und toupiertem Haar musste man per Fahrrad! Absurd!
    Traue mich immer noch nicht mit dem Auto in die Stadt (wo es wimmelt von Fahrrädern, die meiner Meinung nach überall die erste Geige spielen und man im Auto irgendwie immer der Schuldige ist). In diesem Punkt bin ich hier niemals zuhause angekommen.
    Und mir bleibt das Herz stehen, wenn ich sehe, wie wirklich kleine Kinder auf wirklich kleinen Fahrrädern, unter Aufsicht der Mutter, mitten auf der Strasse, zwischen den Autos, immer gerade aus müssen. Wahrscheinlich lernen sie hier ihr Selbstvertrauen und haben sie später als Autofahrer die totale Übersicht und Rücksicht im Verkehr. Für hier die beste Basis. Mein NL-Sohn sagte mir heute, dass er als Autofahrer an kleinsten Bewegungen von einem „fietser“ sieht, was dieser vor hat. Ich: ?????

    • Wenn man „auf dem Fahrrad“ aufwächst, wird es zweite Natur, die (machmal unbewusste) Signale der anderen Radfahrer zu deuten – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

  5. tinie tinie

    als niederländer/in in deutschland integriert bist du, wenn du ohne rücksicht auf verluste auf dem fussweg im hundeauslaufgebiet drauflosheizt, beinahe einen hund überfährst und dann noch die hundebesitzer anschreist, dass sie ihre sch…töle gefälligst an die leine nehmen sollen… es wird dein leben nicht unbedingt freundlicher werden lassen, aber davon war ja auch nicht die rede, oder?
    (während, wenn ich auf einem ausgewiesenen „fietspad“ in den niederlanden mit den selben sch…tölen unterwegs bin und sie bei einem nahenden radfahrer an die seite nehme, ich mit einem freundlichen nicken und einem ‚fijne dag nog‘ zu rechnen habe…)

  6. mareike mareike

    als halbe holländerin in deutschland habe ich das fahrrad-gen geerbt. ich LIEBE mein fahrrad und ich bewege mich mit dem fahrrad durch die stadt wie mit dem auto. ich fahre jeden tag mit dem rad zur arbeit und lasse mich nur bei starkem schneefall und regen davon abhalten. doch radfahrer leben im autoland deutschland gefährlich und sind im straßenverkehr nicht gleichberechtigt. radfahrer werden nicht toleriert und sind lästig. es gibt wenige oder keine radwege oder sie sind viel zu schmal. so lange es in den familien mehr autos als fahrräder gibt, ist es noch ein langer weg zur fahrradfreundlichen stadt. aber es findet ein (ganz) langsamer umdenkungsprozess wegen der steigenden benzinpreise statt, denn siehe da – nicht nur die körperliche fitness steigt, sondern es bleibt mehr geld in der kasse! aber wir sind weit entfernt „van de nederlandse manier van leven met de fiets“!!!

  7. Lucy van Pelt Lucy van Pelt

    Wann ist wohl eine Niederländerin in Stuttgart integriert? Ich weiß es nicht … am Radfahren kann man da wohl nichts festmachen. Es ist ja sogar eine berechtigte Frage, wann eine Norddeutsche wohl im Schwäbischen integriert ist. Neuerdings will Stuttgart übrigens städtische Leihfahrräder bieten – natürlich mit Elektromotor!

    • Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Unterschiede zwischen den Norddeutschen und den Süddeutschen größer sind als zwischen den Norddeutschen und den Niederländern ;-)

      Das mit den motorisierten Leihfährrädern finde ich übrigens eine super Idee. Würde das glatt mal ausprobieren, wenn ich mal wieder „da unten“ bin.

      • Katrin L Katrin L

        Dem kann ich dir zustimmen. Ich hätte eher Angst nach Bayern umziehen zu müssen, als nach Utrecht…Groningen war für mich als gefühltes Nordlicht ideal!

      • Günter Günter

        Nicht umsonst haben wir den „Weisswurstäquator“ :-)

  8. Bettiena Bettiena

    Ik denk dat Nederlanders meer plezier hebben aan het fietsen…… Zie ook de vele fietsvierdaagsen die vanaf nu georganiseerd worden. Gaan er ontspannen mee om…… Hier in Duitsland moet het bekende helmpje op. Zit me net te bedenken dat ze dat in Nederland ook wouden invoeren……is niks geworden. Hele reclamecampagnes, voorlichtingen op school, gratis een helm aangeboden door Veilig Verkeer Nederland aan schoolkinderen. Met datzelfde helmpje is mijn zoon hier verder gaan fietsen en werd regelmatig uitgelachen omdat het geen „stoer“ helmpje was…… Dan maar een nieuwe gekocht en nu ligt de helm op zolder.
    Zelf merk ik met het fietsen dat ik regelmatig kijk naar de nummerborden van de auto’s met oversteken. Is de auto van „ver“ dan kijk ik nog wel even goed wat hij doet. De auto’s van „hier“ kijken over het algemeen wel naar de fietsers.
    Trouwens in Nederland hebben fietsers geen voorrang op de rotonde en in Duitsland wel……Ik sta regelmatig te wachten bij de oh zo vele rotondes in Nederland om fietsers voorbij te laten gaan…… Ik krijg regelmatig een glimlach of een knikje……………………..

    • Die unterschiedlichen Regeln im Kreisverkehr bringen mich auch regelmäßig durcheinander. In den Niederlanden fällt mir auch immer sofort wieder auf, dass du als Fahrradfahrer oder Fußgänger an den Zebrastreifen dir deines Lebens nicht sicher bist … Da verhalten sich die deutschen Autofahrer um einiges zivilisierter!

    • Bouke Bouke

      Naar mijn ervaring (Randstad en Enschede) hebben fietsers eigenlijk overal voorrang op rotondes, zeker in de bebouwde kom. Zodra we daar buiten komen (ergo: snelheid >50) hebben ze geen voorrang meer.
      Dat is echter vrijwel altijd visueel herkenbaar door een doorgetrokken fietspad (die bruinoranje kleur), of anders aan de plaats van de haaientanden. Dat is het eerste waar ik naar kijk, die haaientanden. Vertelt je alles.

  9. Angela Angela

    Wir wohnen nah an der deutschen Grenze und an Wochenenden und dt. Feiertagen wird Venlo von Shoppingtouristen geradezu überschwemmt. Das macht sich auch in den Geschäften bemerkbar, wo die Verkäufer/innen gleich beim kleinsten Anzeichen von einem deutschen Akzent die Sprache wechseln und nur noch Deutsch reden.
    Für mich war der Moment der gelungenen Intergration gekommen, als beim Einkaufen in Venlo endlich ein Verkäufer mit mir Niederländisch geredet hat!

    • Günter Günter

      Venlo ist natürlich auch ein extremes Beispiel, da die Stadt ja völlig auf die deutschen „Shoppingtouristen“ (zu denen ich auch des öfteren gehöre) eingerichtet war und ist. Zu Zeiten unserer alten Währungen, konnte man in die Parkuhren nur DM einwerfen und an den Kassen der Supermärkte standen Schilder auf denen man bei den Holländern um Verständnis dafür bat, das die Kassen auf DM und nicht auf HFl eingerichtet waren, so dass die Holländer in ihrem eigenen Land den Wechselkurs ausrechnen mussten. Ich habe da manchmal den Verdacht, da eh überall Deutsch gesprochen wird, ist manchen Deutschen gar nicht bewusst, das sie sich im Ausland befinden.

  10. Günter Günter

    Wenn man berücksichtigt das der Vaalserberg mit noch nicht mal 323 m die höchste Stelle der Niederlande ist, erleichtert das den Griff zum Fahrrad wohl erheblich. Die „Fahrradkultur“ in den Niederlanden dürfte doch erheblich damit zusammenhängen, daß das Land so flach ist. Ich habe erhebliche Zweifel, das genauso viele Holländer in Orten wie Wuppertal mit dem Rad zum einkaufen fahren, oder wie von Karin Weiss erwähnt, sich in’s Nachtleben stürzen würden. In Teilen des Sauerlandes z.B., die man hier ja oft scherzhaft „die holländischen Alpen“ nennt, sieht man im Sommer sehr wenige Holländer mit dem Rad fahren. :-))

  11. Katrin L Katrin L

    Die Niederländer sind aber keine schön Wetter Radler. In Groningen hatten wir Dauerwind, bis hin zum Sturm. Ich seh mich heute noch gegen den Wind an fahren- fluchend. Der Wind im Norden ersetzt die Berge….Aber es stimmt schon, wären die Bedingungen für Radler in den NL nicht so gut, würden einige doch eher laufen oder das Auto nehmen….

    • Günter Günter

      Ich würde auch nie behaupten, die Niederländer wären nur Schönwetterradler, dafür hab ich sie schon zu oft mit Regencape im strömenden Regen radeln gesehen. Was für eine Quälerei es sein kann, mit dem Rad gegen starken Wind anzukämpfen ist mir natürlich auch klar, das sind halt die Nachteile des flachen Landes, aber es ist ja auch in den Niederlanden nicht ständig stürmisch, während die Berge immer da sind. :-)
      Ich will die sportliche Leistung und die Begeisterung für’s Radfahren ja nicht in Abrede stellen. Es ist aber schon was anderes, wenn man sich z.B. im Sauerland, oder im Bergischen Land, eine halbe Stunde lang einen Berg raufquält, dann 5 Minuten runterfährt und dann direkt wieder ’ne halbe Stunde den nächsten Berg rauf muss, usw., usw.

      • Katrin L Katrin L

        nein auf sowas hätte ich auch keine Lust mehr….Ich bin nach meiner Zeit in den NL nie wieder so viel Rad gefahren. Die Bahn fährt bei mir vor der Nase, dann kommt man in’s Grübeln;)

        • Bei mir um die Ecke fährt die Straßenbahn auch, aber wenn es irgendwie möglich ist, benutze ich hier im Flachland das Fahrrad. Das zeichnet dann doch die „echte Niederländerin“ aus ;-)

          @Günter, auf Radeln in den Bergen kann ich gut verzichten. Das muss nun wirklich nicht sein. In hügeligen Gegenden käme dann höchstens das von Lucy erwähnte und von Bob in seinem Blog gerade beschriebene Elektrofahrrad in Betracht.

  12. Klassebeitrag! Ich hatte schon lange vor mal über das Deutsche Fahrradkörbchen zu schreiben. Wegen meiner brennende Frage ob dieser Gegenstand die Deutschen Fahrräder so unstabil macht, oder das die unsichere Fahrstil mancher Deutschen Radler eher mit mangelnde Erfahrung zu tun hat…

    Sich den Ziel zu setzen irgendwann mal besser fahrradfahren zu können als die Holländer scheint mir typisch Deutsch :-) Fahrradfahren ist wie tanzen. Wenn man’s nicht bereits als Kind lernt, wird’s immer holprig ausschauen.

    Radfahren ist ein wichtiger Bestandteil meiner Identität. Das entdeckte ich zum Beispiel als ich nach zwei Jahre ohne Fahrrad mit meinem neu erworbenen Drahtesel in meine neue Heimat durch die Stadt geradelt bin. Noch heute erinnere ich mich an dieses tolle Gefühl der wiedergefundene Freiheit.

    Ganz holländisch habe ich mich gefühlt als ich mit einem Deutschen Freund einen Radtour machte. Er hat sich total aufgeführt als ich, freche Holländerin, mich getraut habe am frühen Sonntagmorgen an einem absolut Verkehrsfreien Radweg neben ihm auf die andere Fahrstreife zu fahren…

    Wie typisch niederländisch manche Fahrradfähigkeiten sind, erfuhr ich als ich meinen Kanadischen Freund in Amsterdam im losradeln sagte: „Spring maar achterop“. Er blieb nicht verstehend auf die Straße stehen. Anscheinend gehört’s im Ausland nicht zur Basiserziehung, sich auf den Gepäckträger eines bereits fahrendes Rad setzen zu können, und dazu noch ohne Knieverletzungen von Amsterdammertjes (kleine Pfählen) und vorbeischerendes Verkehr ans Ziel zu geraten.

    • Ah, „spring maar achterop“ – wie häufig ich das (früher) gehört und selbst gesagt habe. Da kommt ja richtig jeugdsentiment auf ;-)

      Am Thema Fahrradfahren zeigt sich sehr schön, wie unterschiedlich die deutsche und die niederländische Kultur sein kann.

      Ich freue mich schon auf Deinen Beitrag zu den deutschen Fahrradkörbchen ;-)

    • Bob Bob

      Achterop springen geht ja gar nicht in Deutschland. Streng verboten, weil gefährlich, und selbst wenn du es illegal machen willst, die Gepäckträger an den hiesigen Fahrräder sind nur für maximal 25 oder 40 kg ausgelegt. Da mußt du aufpassen daß du nicht durchsackst.

      • Von streng verboten würde ich mich nicht abhalten lassen ;-)
        Du hast aber Recht: die hiesigen Gepäckträger sind auf den Transport von Personen nun wahrlich nicht berechnet …

  13. Paul R. Woods Paul R. Woods

    Schon mal in Münster in Westfalen gewesen? Soviel Fahrräder an einem Ort sehe ich in den Niederlanden selten.

    Aber es stimmt es schon, dass Deutschland beim Radfahren einen Rückstand hat. Als Gegenstück zu Münster könnte in Köln u.a. die Aachener Str. mit ihren als Radweg gekennzeichneten Parkplätzen dienen.

    Und es wird sich kaum etwas ändern, solange einserseits viele Radfahrer in D. sich an keine Verkehrsregeln halten und andererseits die Autofahrer sie schlicht nicht wahrnehmen (wollen).

    • Münster dürfte in Deutschland die Hochburg der Fahrräder sein.

      Parkplätze, die (gleichzeitig?!) als Radweg gekennzeichnet sind? Da darf man sich nicht wundern, wenn keiner sich an die Regeln hält … Hier in DE sind die Verkehrsgegebenheiten (Ampelschaltungen, spezielle Fahrradwege …) kaum an Fahrradfahrer angepasst. Übrigens finde ich, dass sich die deutschen Fahrradfahrer im Vergleich zu den niederländischen eigentlich ganz gut an die Regeln halten.

      Dass die deutschen Autofahrer Fahrräder oft nicht wahrnehmen (wollen), kann ich aus meiner Erfahrung nur bestätigen. Als Verkehrsteilnehmer spielen Radfahrer hier wirklich eine untergeordnete Rolle. Das wäre noch mal ein Thema für einen eigenen Beitrag, hier auf buurtaal.

    • Günter Günter

      Kann da nur zustimmen. Münster ist aber in Deutschland auch eine grosse Ausnahme und hat, glaube ich, auch den höchsten Anteil an Fahrrädern aller deutschen Städte.
      Was das Verhalten von einigen Radfahrern angeht, so kann ich das des öfteren nur als rücksichtslos bis selbstmörderisch bezeichnen. In Buurtaal war ja mal ein Artikel zum Thema rasen. Ich habe absolut null Toleranz, für Radfahrer die meinen, sie müßten mit hohem Tempo durch Fussgängerzonen fahren, ohne Rücksicht auf die Passanten, egal ob Erwachsene oder Kinder, es ist Wahnsinn, wenn auf den schmalen Radwegen neben den Kölner Ringstrassen Rennradfahrer meinen sie müßten mit Tempo +50 ohne jede Rücksicht auf Fussgänger, u.a. Kinder vorbeirasen. Es ist selbstmörderisch, wenn Radfahrer versuchen 60 Meter breite Kreuzungen noch bei Rot zu überqueren. Ich weiss gar nicht, wieviele Radfahrer ich schon an der Kreuzung Ulrichgasse – Ringstrasse in Köln habe liegen sehen, weil sie anscheinend gedacht haben, sie wären unzerstörbar, oder die Autofahrer würden schon bremsen.
      Habe dazu leider keine Statistik für Köln gefunden, aber für München aus 2009. Die dürften in den Großstädten wohl alle ähnlich sein:
      „Im letzten Jahr kam es im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München zu 2.857 Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Radfahrern. 61 % dieser Verkehrsunfälle (1.741) wurden dabei von Radfahrern verursacht……“
      Hat vielleicht jemand für die Niederlande eine Verursacherstatistik für Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern? Würde mich interessieren, ob da Prozentual auch so viele Unfälle von Radfahrern verursacht werden.

        • Günter Günter

          Hallo Bob, ich versuche immer Niederländisch zu lesen und kombiniere mir alles aus Kölsch, Niederländisch und Englisch zusammen. Bis auf Baskisch, sind ja alle Westeurpäischen Sprachen Indo-Germanischen, oder wie man heute sagt, Indo-Europäischen Ursprungs. Leider traue ich mich oft nicht, Niederländisch zu sprechen, da keiner meine Aussprache überprüft und ich mich nicht gerne blamieren möchte. Der von Dir verlinkte Artikel ist genau das, was ich auch ausdrücken wollte, das viele Radfahrer offensichtlich der Meinung sind, sie befinden sich in einem rechtsfreiem Raum. Ich fahre auch gerne Rad, aber ich bemühe mich dabei, mich an die Strassenverkehrsordnung zu halten. Ich finde es nicht witzig, wenn Radfahrer in FUSSGÄNGERZONEN, in denen Eltern mit kleinen Kindern spazierengehen, mit aberwitzigem Tempo herumrasen.

          • Was ich an Bobs Artikel so schön finde, ist dass er das Thema aus drei verschiedenen Blickwinkeln angeht: zuerst aus Sicht des Fußgängers, dann aus der Perspektive des Autofahrers und zuletzt aus der des Radfahrers. Ich sehe es als einen Denkanstoß für alle Verkehrsteilnehmer.

            • Günter Günter

              Stimmt, wobei Teil eins und zwei das beschreiben, was ich auch ausdrücken wollte. Ich möchte noch erwähnen, das ich mich beim Verhalten mancher Radfahrer speziell auf die Kölner Innenstadt beziehe. Teil 3 ist aus Ermangelung an vernünftigen Radwegen kaum möglich, was natürlich auch zu den Problemen von Teil 1 und 2 beiträgt.

            • Genau das gefällt mir auch sehr gut. Und ich muss selber zugeben, seit ich hin und wieder auch Auto fahre, was ich lange Zeit nicht gemacht habe, versuche ich beim Radfahren auch mehr auf die Dinge zu achten, die einen als Autofahrer irritieren. Und umgekehrt natürlich auch. So ein gelegentlicher Perspektivenwechsel wirkt manchmal Wunder. Aber im Herzen bin und bleibe ich Radfahrer.

  14. Schöner Beitrag, kommt mir sehr bekannt vor.

    Ich denke, der Unterschied zwischen niederländischen und deutschen Radlern ist, dass die Niederländer zielstrebiger fahren. Es geht schließlich darum, in möglichst kurzer Zeit von A nach B zu kommen. Wahrscheinlich sind sie dadurch auch schneller. Auf jeden Fall sagte meine Mutter, nach meinem ersten Jahr in NL: Du bist aber ganz schön flott unterwegs. Und ich mache auch fast alles mit dem Rad, irgendwie muss man ja zu seiner „lichaamsbeweging“ kommen. ;)

    • Katrin L Katrin L

      Stimmt, während der Zeit blieb mir das Fitnessstudio erspart. Ich bin pro Tag sicherlich 15km gefietst (mit Wind, ohne Wind, mit Gepäck, ohne Gepäck – Alle Kategorien). Das ist Topsport! ;)

  15. Christian Christian

    Toller Beitrag :-D

    Aber, Niederländer haben kein Körbchen am Fahrrad? Ist das typisch Deutsch? Und ich dachte genau andersrum! Ich bin ja informiert…

    Ich habe auch gedacht, dass Fahrräder in den Niederlanden grundsätzlich Vorfahrt haben, egal wann und wo. Dementsprechend habe ich immer angehalten, wenn Fahrradfahrer kamen. Und meine Schwester hat 6 Wochen nach ihrem Führerschein eine Niederländerin auf ihrem Rad angefahren… Es ist nix passiert, sie ist nicht mal umgefallen, aber anhalten musste sie trotzdem. Komischerweise hat sie uns nicht beschimpft, sondern hat nur grimmig geschaut. Meine Schwester musste rechts ranfahren und sich erst mal beruhigen…die Arme.

    Das mal grade eben hinten draufsteigen kann auch in die Hose gehen. Ich mein ich hab noch ein Foto wo meine Geschwister unter einem niederländischen Fahrrad liegen und sich vor Lachen nicht mehr einkriegen. Es sah aber auch einfach nur dämlich aus :-D

    Im Übrigen stören mich Fahrradfahrer auf der Straße…aber auch Mofas und Autos, die nur 20km/h fahren…
    Besonders dann, wenn neben der (Land)Straße ein breiter Bürgersteig verläuft wo extra Fahrräder drauf fahren dürfen, damit sie nicht auf der Straße sind wo Autos mit 100 daherkommen. Über solch dummes Verhalten kann ich mich immer aufregen…
    Ich bin aber der Meinung, dass mehr für Fahrradfahrer in der Stadt getan werden muss bzw. es attraktiver für jeden gestalten. Vielleicht nimmt der allgemein dicke Deutsche dann auch mal ab, denn Bewegung tut ja gut. Ich selbst fahre auf eher flachen Land gerne Fahrrad :-)

    Zum Thema Integration:
    Eine gute Frage, die jeder wohl selber für sich beantworten muss. Meiner Meinung nach ist eine gute Integration gelungen, wenn Sprache und Kultur in einen übergegangen sind und der Alltag als normal empfunden wird. Genau kann ich es nicht sagen, ist so mein empfinden :-)

    Grüße
    Christian

    • Danke für Deinen ausführlichen Kommentar Christian. Niederländische Fahrräder haben manchmal auch ein Körbchen (oft vorne platziert) aber in Deutschland sind sie weitaus häufiger anzutreffen.

      Es ist ein Missverständnis, dass Fahrradfahrer in den Niederlanden grundsätzlich Vorfahrt haben. Oft nehmen sie sich die Vorfahrt, aber das ist was anderes ;-)

      Das Thema Fahrradfahren in Deutschland will ich übrigens noch mal einen eigenen Beitrag widmen …

    • Bouke Bouke

      Meine erfahrung nach sind die Deutschen am Körbchen hinten zu erkennen. Niederländer haben NIE ein Körbchen hinten, höchstens fahrradtaschen. Bevor ich meine (Deutsche) Freundin kennengelernt habe, hatte ich noch nie im Leben ein Körbchen für hinten gesehen – vorne ist äußerst normal hier.

      Und in Deutschland ärgere ich mich wild über fahrradfahrer die über dem Bürgersteig fahren – in der Niederlanden ist das verboten, und wird normalerweise auch von niemand akzeptiert (ha, du hättest mein opa mal fluchen hören müssen wenn mal wieder einer vorbei kam). Ich weiß das es hier anders ist, aber ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, mein instinkt sagt auch „breit machen, nicht aus dem weg gehen, der hat hier nichts zu suchen“.

      Und was dem anhalten angeht glaub ich dass du instinktiv die sichere variante genommen hast, weil man ja als ausländer glaub ich oftmals noch weniger seriös genommen wird durch NL-fahrradfahrer was vorfahrt und so angeht. Hat vielleicht auch damit zu tun das Deutschen sich hier in NL fast immer an die regeln halten (nicht zu schnell fahren, immer anhalten, gut aufpassen, usw.). Was das angeht liebe ich es total in Deutschland unterwegs zu sein. Wenn die ich die Grenze wieder rüberfahre fühle ich mich einfach frei, was das angeht.

  16. Günter Günter

    Da fällt mir gerade die Frage ein, ist es in den Niederlanden eigentlich erlaubt, mit dem Fahrrad über den Zebrastreifen zu fahren, wenn dieser keinen besonders gekennzeichneten Radweg hat? Das wird in Deutschland zwar auch dauernd gemacht, aber eigentlich ist es ja verboten.

    • Meines Erachtens ist das in den Niederlanden nicht verboten. Allerdings haben Fahrradfahrer auf einem Zebrastreifen offiziell keine Vorfahrt. Dazu müssten sie absteigen und den Zebrastreifen als Fußgänger benutzen.

    • Bouke Bouke

      Es ist in den Niederlanden egal ob das verboten ist, ehrlich gesagt :)
      Und wie Alex schreibt, nur kriegt man kein vorfahrt – aber das kriegt man abgestiegen genauso wenig ;)

  17. Als Laie möchte man am liebsten abspringen, um sicher zu Fuß an das andere Ende zu kommen. Ein Fehler! Man muss einfach doorfietsen – weiterfahren, –, ohne Rücksicht auf Verluste, das Ziel immer vor Augen habend.

    Das errinnert mich sehr an meine Erfahrungen in Vietnam. Dort fährt jeder Mopped (statt Fahrrad). Wer an der Straße auf eine Lücke wartet, hat schon verlohren. Die devise heißt, einfach augen zu und durch, dann umfahren alle einen ganz automatisch, wer zögert, steht doch auch noch nach einer stunde…Interessant, dass es hier sowas auch gibt.

  18. Das ultieme Gefühl in Holland integriert zu sein, in Bezug auf Thema Fahrradfahren, wäre für mich auch ‚hinten d’raufzuspringen. So wohne ich nun schon 32 Jahre in Holland. Im Nahverkehr denke ich eher an’s Fahrrad dann an’s Auto. Ist viel praktischer, schneller und man braucht keinen Parkplatz zu suchen. Ich wohne auf einem Dorf und finde es schrecklich wenn Leute 2 Kilometer zum Bäcker fahre. Das verachte ich so ungefähr. Gesund oder ungesund, es ist halt praktisch. Und jeder kann’s und jeder tut’s.

    Aber hinten d’raufspringen tue ich noch immer nicht. Meine Tochter sagte letzten’s noch: spring d’rauf. Ich weiss nicht mal wie ich es machen soll. Ich denke dann immer dann fallen wir beide ‚rum.
    Sie aber hat es bei Freundinnen gelernt. So braucht nur einer fahren und kann man noch gezellig kletsen onderweg.
    Uebrigens mein Fahrrad hat einen ‚bakkersmand‘. Einen Korb von ungefähr 40 x 60 Centimenter vorne am Vorderrad. Ich werde immer nachgestaunt. So brachte der Bäcker immer die Brötchen zu den Kunden.
    Und ich meine Einkäufe, meine Akten und die Tennisschläger.
    Es gibt nichts Schöneres als Fahrradfahren in Holland.

  19. Hallo,

    erstmal die Frage: Wie ist es möglich, als Deutsche in den Niederlanden Logopädie zu studieren? Musste einige Zeit mit einer Logopädin arbeiten – Aphasie – und kann mir nicht vorstellen, dass das in einer anderen Sprache möglich ist. V.a. in den Details wie Sprachmelodie, Betonungen…
    Ich würde noch hinzufügen: Den Wochenendeinkauf für doie Großfamilie zu transportieren und dabei entspannt auszusehen, oder besser: zu sein.

    Lg, Evi

    • Hallo Evi, ich werde Deine Frage an Katrin weiterleiten.

      Liebe Grüße
      Alex

  20. Migo Migo

    Das mit dem „achterop springen“ fasziniert mich hier in Groningen am meisten. Schon dass man hier seitwärts auf dem Gepäckträger sitzt, war ein Augenöffner. Die paar male, dass ich ähnliches in Berlin probiert hatte, war vorwärts sitzend. Und das klappt gar nicht. Selbst wenn man es schafft, sich nicht in den Speichen zu verheddern. Und unbequem ist es sowieso. Vielleicht fühle ich mich integriert, sobald ich es schaffe, seitwärts auf dem Gepäckträger zu sitzen. Oder wenn die Marktverkäufer nicht mehr auf deutsch antworten. Das kann beides noch dauern… :)

    • Hoi Migo,

      beim Aufspringen haben Niederländer einen eindeutigen Vorteil. Sie lernen das nämlich schon als Kind, wenn sie noch gelenkig und flexibel sind ;-)

      Ich hoffe, Groningen gefällt Dir gut.

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