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Falsche Freunde rund ums Haus

Last updated on 27-09-2017

In deutschen und niederländischen Häusern und Wohnungen gibt es einige Wörter, die sich zwar ähnlich sehen oder die ähnlich klingen, aber nicht das gleiche bedeuten. Diese falschen Freunde lauern zum Beispiel in der Küche und auf dem Dachboden.

Dachboden

Wer als Niederländer etwas auf de vloer verloren hat, wird nicht in den Hausflur rennen sondern zielgerichtet den Fußboden absuchen. Der Gang im Sinne von Flur oder Diele heißt jedoch auch auf Niederländisch gang.

Auf de vloer kann man in den Niederlanden tapijt legen; Deutsche verlegen Teppich. An die Wand kommt in Deutschland Tapete; Niederländer kleben behang darauf. In den Niederlanden schaut man durch het raam, in Deutschland durch das Fenster. Das verwandte Wort Rahmen bezeichnet den Fensterrahmen.

Vor das Fenster hängen Niederländer gordijnen, Deutsche Vorhänge. Die deutschen Gardinen heißen im Niederländischen vitrage.

Deutsche unterscheiden übrigens sprachlich nach Wänden (drinnen) und Mauern. Im Niederländischen nennt sich beides muur.

Tafelkleider

Wenn das deutsche Wort Dachboden zu Boden abgekürzt wird, sorgt es bei Niederländern nicht selten für Orientierungslosigkeit. Boden klingt nach bodem, das im Niederländischen immer erdverbunden ist. Wer die Wäsche in den Niederlanden zum Trocknen auf den Boden bringt, hängt sie op zolder auf.

Bei Oma auf dem Tisch liegt in Deutschland eine Tischdecke. Im Niederländischen sagt man dazu tafelkleed. Ich kann mich noch gut an die amüsierten Blicke in meinem deutschen Freundeskreis erinnern, als ich einen solchen Überwurf mal versehentlich als Tischkleid bezeichnete.

Eine Decke auf dem Bett oder Sofa heißt im Niederländischen deken; die Bettdecke nennt man dekbed. Eine Daunendecke ist ein donzen dekbed.

Leuchtender Bettnässer

Decken findet man in Deutschland nicht nur auf Tischen und Betten vor. Die Decke als oberen Abschluss eines Raumes nennen Niederländer het plafond. Ein Deckenfluter ist somit auch nicht jemand, der ins Bett pinkelt sondern eine nach oben strahlende Lampe, die indirekt den ganzen Raum beleuchtet.

Decken können einem gelegentlich auch auf den Kopf fallen. Wenn das passiert, dann muss man raus. Wenn es einem Niederländer zu eng – oder zu langweilig – wird komen de muren op hem af („kommen die Wände auf ihn zu“).

Kachel, Ziegel, Herd und Ofen

Während in den Niederlanden de kachel für Behaglichkeit im Zimmer sorgt, macht das in deutschen Stuben der Ofen. Een oven wiederum kennen Niederländer nur um Pizzen oder Aufläufe zuzubereiten. Er steht in der Küche und heißt im Deutschen Backofen.

Fliesen

Kacheln hängen in Deutschland an der Küchen- oder Badezimmerwand oder liegen auf dem Boden. Hier werden sie häufig synonym mit Fliesen verwendet. Früher dienten Kacheln aber auch der Außenverkleidung von Öfen: den sogennanten Kachelöfen.

Kacheln oder Fliesen nennt man im Niederländischen tegels. Tegel hat dieselbe etymolische Herkunft wie das deutsche Wort Ziegel. Beide gehen auf das lateinische tegula zurück. Die berühmten Delfter Kacheln heißen in der Landessprache Delfts blauwe tegels.

Mit Ziegeln kann man in Deutschland Häuser bauen – dafür benutzt man im Niederländischen bakstenen: Backsteine. Auch aufs Dach kommen Ziegel. Dazu sagen die Niederländer dakpannen. Vor dem Haus verläuft der Gehweg; der ist aus stoeptegels (Bodenplatten).

Kochen tut man in Deutschland am Herd, in den Niederlanden am fornuis. Das niederländische haard bezeichnet wiederum einen Ofen oder Kamin und wird meist in der Zusammenstellung open haard verwendet.

Auf einen Blick

Niederländisch Deutsch
de gang der Gang
de gang, de hal der (Haus-)flur
de vloer der Fußboden
de grond (buiten) der Boden (draußen)
het raam das Fenster
het gordijn der Vorhang
de vitrage die Gardine
de kachel der Ofen
de tegel die Kachel
de dakpan der Dachziegel, die Dachpfanne
de baksteen der Ziegel, der Backstein
de stoeptegel die Bodenplatte
het fornuis der Herd
de (open) haard der Kamin

22 Kommentare

  1. Lucy van Pelt Lucy van Pelt

    Im Schwäbischen heißt auch eine Wolldecke „Teppich“ – das hört sich für mich richtig ungemütlich an, weil ich mit dem Wort immer die Loriot’sche „Auslegeware“ assoziiere. Und liegt die Tischdecke/tafelkleed nur bei Oma auf dem Tisch? Ist sie ansonsten aus der Mode?

    Interessant finde ich Gardinen/vitrage. Das Wort vitrage bezeichnet im Französischen die Verglasung, nicht die Gardine am Fenster.
    Gruß: Lucy.

    • Ich habe mal drei Monate in einem Studentenheim in Moskau gelebt. Dort hatten wir alle eine Art Teppich auf dem Bett, der als Tagesdecke gedacht war. Ich habe meinen dann vor das Bett gelegt, wo er für meinem Geschmack besser hinpasste.

      Sofern ich weiß kann man vitrage im Französischen auch für Gardinen benutzen (neben der Hauptbedeutung Verglasung, die Du schon nanntest.

  2. Ich wundere mich ein wenig, daß Du Dir, wenn Du schon Gardinen erwähnst, die Gelegenheit entgehen läßt, eine Bemerkung zu einem für das deutsche Hollandbild recht wichtigen Topos zu machen — nämlich dem, daß die calvinistischen Niederländer keine Gardinen vor den Fenstern haben, damit jeder sehen kann, wie fromm und reinlich es in ihrer Stube zugeht.

    Und das hat doch sogar einen Konnex zu dem in der deutschen Social-Media-Szene so heißdiskutierte Thema „Google Street View“!

    • Das Thema Niederländer und ihre Vorhänge hebe ich mir für eine andere Gelegenheit auf ;-)

      • Okay! Vielleicht ein kluger Plan! :-D

        Freu mich schon drauf! :-)

      • Ach, noch etwas, da hier ja von Zimmern und Häusern die Rede ist: Ich hatte halbbewußt „Stube“ gesagt, weil ich eine leichte instinktive Abneigung gegen das recht neue Wort „Wohnzimmer“ habe. Es klingt für mich nach Otto-Katalog und konfektionierten Lebensumständen, nach Möbelhaus.

        „Schlafzimmer“ natürlich genauso, aber „Kammer“ ist wohl doch zu sehr aus der Mode…

        Horrido!

        Klaas

        • Ah, die Kammer hätte ich hier gut mitaufnehmen können.

          Im Niederländischen ist kamer das übliche Wort für Zimmer:
          de zitkamer, de slaapkamer

  3. Sieke Sieke

    Ich habe noch etwas aus dem Schwäbischen, nämlich das Wort Kachel, das dort keineswegs eine Fliese bezeichnet, sondern den Backofen. Das kommt sicher aus früheren Zeiten, wo der Ofen in der Küche für das Kochen und das Heizen zuständig war. Ich kenne es auch eher von den älteren Leuten, man hört es inzwischen nur noch selten.

    Die Fliesen heißen hier Platten, und zwar egal, ob an der Wand oder auf dem Boden. Der Fliesenleger ist also ein Plattenleger, oder auch etwas verächtlich „d’r Bladdebatscher“. Das Plafond gibt es im Schwäbischen übrigens auch, es ist dort allerdings männlich, also „d’r Blaffo“, mit leichtem Nasal auf dem o.

    Und dann habe ich noch eine Frage: wie heissen die perserteppichähnlichen Tischauflagen, die ich mal in einer niederländischen Kneipe gesehen habe und die angeblich typisch sein sollen? Sind das auch Tafelkleider?

    Grüßle, Sieke

    • Zwischen dem Schwäbischen und dem Niederländischen gibt es einige Übereinkünfte, wie ich immer wieder feststelle :-)

      Aha, Du warst in einem echten bruin café ;-)
      Die Tischauflagen, die man dort vorfindet, nennt man einfach kleedjes. („Kleidchen“)

  4. Soso, „kleedjes“ – diese Teppiche auf den Tischen sieht man aber auch oft noch bei älteren, holländischen Generationen. Ich fands befremdlich, aber amüsant.

    War der Tag mal wieder nicht umsonst und ich habe mir jetzt eine kleine Aufgabe zum Pauken gestellt: tapijt und behang ordentlich auseinander zu halten bzw. richtig zuzuordnen (das eine nach unten, das andere an die Wand). Bedankt!

  5. André André

    In vielen Regionen Deutschlands benutzt man auch eher das Wort Dachpfannen. Dachziegel sollte allerdings auch fast jeder kennen.

  6. Jens Jens

    Das Wort Tafelkleid war mir aber auch geläufig.Ein schönes Wort was auch immer für ein wenig erheiterung sorgt ist de pan was Topf heißt und unser Ruhriwort Pot eine Tasse bezeichnet.Während widerrum de tas eine Tasche aber keine Tasse bezeichnet.Schön ist auch de baan welches Arbeit meint und nicht die Bahn die ja spoor heißt.

    • Falsche Freunde gibt es wirklich haufenweise :-)

  7. Vielen Dank für diesen wunderschönen Beitrag. Es gibt also doch noch schier unendlich viele weitere Beiträge. Ich hatte auch sehr schnell etwa eine handvoll zusammen.

  8. Pia Pia

    so-so-so-so lustig!!! Dank je wel (diesmal auch mit nur einem „l“ ;-))

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