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Dufte Düfte – und andere Gerüche

Last updated on 24-12-2013

Welche Wörter hat man im Niederländischen, um Gerüche zu beschreiben?

Wer im Dezember über den Weihnachtsmarkt schlendert, wird geradezu mit Ausdünstungen bombardiert. Tannennadeln, Glühwein und Punsch, vermischt mit allerhand Gebratenem, wehen einem entgegen. Ob man das als angenehm oder als belästigend empfindet, ist Geschmacksache.

Schmalzkuchen auf dem Weihnachsmarkt in der Innenstadt Hannovers

Deutsche Dreieinheit

Im Deutschen gibt es drei Wörter, um olfaktorische Empfindungen zu kennzeichnen. Riecht etwas angenehm, dann ist es ein Duft, Unangenehmes qualifiziert man als Gestank. Alles dazwischen heißt einfach Geruch: das, was man riecht.

Niederländische Zweisamkeit

Das neutrale niederländische Wort für Geruch ist geur. Übelriechendes nennt man im Niederländischen stank. Das zugehörige Verb ist, wie im Deutschen, stinken. Ein eigenes Substantiv für wohlgefällige Gerüche gibt es hingegen nicht. Hier nimmt man einfach geur und verbindet es mit einem erklärenden Adjektiv.

De oliebollen verspreidden een heerlijke geur.

Genauso kann man geur mit etwas Unappetitlichem in Verbindung bringen:

een vieze geur – ein unangenehmer/übler Geruch
geurvreters – „Geruchfresser“ –> (Schweißgeruch absorbierende) Einlagen

Riechvermögen

Das Deutsche bezeichnet mit Geruch nicht nur konkrete Odeurs, sondern außerdem – wenn auch selten so gebraucht – die Fähigkeit zu riechen, also den Geruchssinn. Das Niederländische macht hier einen Unterschied. Den Geruchssinn als solchen nennt man nämlich nicht geur sondern reuk.

Die Nase ist das Geruchsorgan. – De neus is het reukorgaan.

Irritierenderweise ist die Trennung nicht immer so strikt. So bedeutet reukloos in erster Linie ohne Geruchssinn, aber es kommt auch als Synonym für geurloos (ohne Eigengeruch) vor.

Das Verb für diese Art von Sinneswahrnehmung heißt riechen. Das niederländische Pendat: ruiken. Beide Verben können sowohl mit dem Geruchssinn wahrnehmen als auch einen Geruch verbreiten oder an sich haben bedeuten:

Ich rieche Menschenfleisch. – Ik ruik mensenvlees.
Es riecht hier nach Benzin. – Het ruikt hier naar benzine.
Er roch nach Schweiß. – Hij rook naar zweet.

Ein Satz wie er riecht gut/hij ruikt goed ist in beiden Sprachen ambivalent. Die Aussage kann heißen, dass die beschriebene Person angenehm riecht oder dass sie über eine ausgesprochen gute Riechfähigkeit verfügt.

Das deutsche Verb duften – angenehm riechen – übersetzt man in der Regel mit lekker ruiken. Oft reicht aber auch das Verb.

Mmm, das duftet aber gut! – Mmm, dat ruikt lekker!
Es duftete nach Flieder. – Het rook naar seringen.

Das Niederländische kennt auch das Verb geuren, aber das ist eher formell und kommt längst nicht so häufig vor wie ruiken.

Kleine Geruchskunde

Deutsch Niederländisch
der Geruchssinn/der Geruch de reukzin/de reuk
der Geruch de geur
der Duft de (aangename) geur
der Duft (das Parfüm) het geurtje
die Duftmarke de geurvlag
das Aroma het aroma
geruchlos geurloos (ohne Geruch)
geruchlos reukloos (ohne Geruchssinn)
riechen ruiken
duften (lekker) ruiken

17 Kommentare

  1. Bernd Bernd

    Der Unterschied Duft und Gestankt stellt sich mir leider selten – mein Geruchssinn ist seit meiner Jugend ziemlich hinüber. Aber eine vorsichtige Frage habe ich in diesem Zusammenhang doch: Gibt es im Niederländischen auch die Wendung „Jemanden (nicht) riechen können“ im Sinne von (nicht) mögen?

  2. Tiny Tiny

    @ Bernd, so etwas ähnlichs gibt es: „Iemand niet kunnen luchten of zien“.

    • Bernd Bernd

      Danke für die Info, Tiny. Sprache ist und bleibt spannend. Speziell bei solchen Redewendungen wird mir immer wieder bewusst, wie gross der Unterschied zwischen Muttersprache und gelernter Sprache ist … Jammer.

      • Tiny Tiny

        @ Bernd, bitte gern geschehen! Da ist sicherlich viel Unterschied aber es ist für mich immer wieder einen „Sport“ um die richtige Übersetzung zu finden bei Redewendungen oder Sprichwörter von Deutsch nach Niederlandisch oder umgekehrt. Gelingt leider nicht immer, aber Hauptsache man versteht was der andere meint.

  3. Katrin Katrin

    Schöner Artikel!

    Allerdings ist mir „Riechorgan“ für Nase geläufiger als „Geruchsorgan“.

    Wem geht es ähnlich?

    • @Katrin:
      Auch ich sage Riechorgan, Sehorgan, Hörorgan, und die zuständig sind für den Geruchssinn, Gesichtssinn, Gehörsinn.

      @Alex:
      Interessant ist, dass mein Prisma Woordenboek Nederlands so definiert:

      geur m aangename reuk
      geurig bn & bw lekker ruikend

      Im Gegensatz zu diesem Artikel steckt darin die Behauptung, das Wort bezeichne nur Düfte, doch ist der von dir angeführte Ausdruck een vieze geur ein gutes Gegenbeispiel. Andererseits bemerkst du ja selbst in der kleinen Geruchskunde, dass der Duft mit de aangename geur übersetzt werden kann, aber das Adjektiv oft überflüssig ist.

      • alex alex

        @Charlie: Geur kann wirklich für sowohl angenehme als auch neutrale oder weniger genehme Gerüche verwendet werden. Mein „Van Dale“ gibt als Bedeutung dat wat een reukgewaarwording opwekt – also, das, was eine Geruchsempfindung hervorruft.

        Das Adjektiv geurig wird in der Tat fast nur für Wohlriechendes benutzt. Man kann es dann mit „duftend“ übersetzen.

  4. Marco Marco

    Mooi stuk. Ik mis iets met het Nederlandse werkwoord ‚rieken‘.

    • „Rieken“ heb ik buiten beschouwing gelaten omdat het niet zo vaak voorkomt. Maar in principe hoort het wel in het rijtje thuis.

  5. Sieke Sieke

    Im Schwäbischen gibt es noch eine weitere Bezeichnung für Geruch bzw. riechen, nämlich ’schmecken‘. Dieses Wort ist geruchsneutral, kann also für angenehme und unangenehme Gerüche verwendet werden. Manch ein Süddeutscher sagt z.B., wenn er zum Essen nach Hause kommt und schnuppernd die Küche betritt: Hier schmeckt’s (oder schmackt’s – je nach Region) aber gut! Wenn er dann am Tisch sitzt und das Essen probiert hat sagt er unter Umständen dasselbe wieder, meint dann aber wirklich den Geschmack. Allerdings muss das Essen für ein so großes Lob schon ungewöhnlich gut sein, im Normalfall lebt der Schwabe nach der Devise: net g’schompfa isch g’lobt genug :-)

    Und dann gibt es noch die Formulierung ‚Des hat a G’schmäckle‘, was soviel heißt wie: Das ist nicht ganz korrekt oder hier wurde was gemauschelt.

    • Ha, interessant!

      Letzteres kennt man im Niederländischen als

      Daar zit een luchtje aan

  6. Kay Kay

    Hallo Alex,
    zunächst möchte ich ein Riesenlob für deinen Blog loswerden. Ich finde, dass du einerseits mit einem beidenswert sicheren Sprachgefühl gesegnet bist und du es andererseits verstehst, dein Wissen auf sehr ansprechende und sympathische Art zu vermitteln. Mir bereiten deine Artikel wirklich Freude! Meine Frau ist niederländisch, ich bin deutsch und wir haben jeweils die Sprache des anderen gelernt, so dass ich mich oft bei deinen Beiträgen ertappt fühlte und schmunzeln musste oder die Schwierigkeiten meiner Frau besser verstand.
    Nun zu meinem Punkt: Am Ende deines Artikels übersetzt du reukloos, also ohne Geruchssinn auch mit geruchlos. Das empfinde ich anders. Geruchlos ist für mich nur etwas ohne Eigengeruch. Ein Adjektiv für die Unfähigkeit zu riechen, ist nach meinem Sprachgefühl im Deutschen unüblich, allenfalls geruchsblind oder der medizinische Begriff anosmisch fallen mir dazu ein.
    Was ist jemand, der keinen Tastsinn hat? Sicher nicht gefühllos oder unsensibel ;-)
    Viele Grüße
    Kay

    • Kay, ich bin völlig fasziniert vom Wort geruchsblind. Hättest du nicht „Meine Frau ist niederländisch, ich bin deutsch“ geschrieben, hätte ich gedacht, du wärst dichterisch (d. h. Dichter).

    • alex alex

      Hi Kay, danke für Deine lobenden Worte!

      Ich habe noch mal im Wörterbuch nachgeschaut und der Duden bestätigt, was Du sagst: Geruchlos bedeutet nur „ohne Eigengeruch“. Ich habe die Liste entsprechend angepasst. Danke Dir für den Hinweis.

  7. Das ist ja dufte! Na ja, das war es vor fünfzig Jahren. Heute heißt es: das ist cool!

    • Ich fürchte, cool ist auch nicht mehr voll chillig.

      An dufte hatte ich noch gar nicht gedacht. Mir waren eher Duftkerzen in den Sinn gekommen und: seine Duftmarke setzen.

    • alex alex

      @Emigrant: Bei cool wäre die Alliteration abhanden gekommen. Außerdem benutze ich besonders gerne altmodische Wörter ;-)

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