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Gut geküsst ist knapp daneben

Last updated on 12-05-2020

Wenn es um Begrüßungen und Glückwünsche geht, sind Niederländer deutlich kussfreudiger als Deutsche. Aber wer küsst wen und wie genau funktioniert dieses Ritual?

[Update Mai 2020]: Küsse, und überhaupt das Berühren und Anfassen anderer Menschen, sind in Zeiten von Corona gerade nicht angesagt.

Gewusst geküsst

Niederländer küssen mehr als Deutsche. Zumindest gilt das bei Alltagsbegegnungen und Gratulationen im Freundes- und Bekanntenkreis sowie in der Verwandtschaft. Allerdings küsst nicht jede(r) jede(n), und auch die Art und Weise will gelernt sein. Wer hier mit allzu viel Schmackes zur Tat schreitet, macht sich nicht beliebt. Im Prinzip bleibt es bei einem Luftkuss knapp am Ohr vorbei oder bei einem flüchtigen Berühren der Wangen, gern begleitet von einem dezenten Kussgeräusch.

Wer wen wann wie wieviel?

Frauen können mit ihren Begrüßungsküssen sowohl Männer als auch andere Frauen beglücken. (Hetero-)Männer bevorzugen anderen Männern gegenüber eher den unverfänglichen Händedruck oder ein kameradschaftliches Schulterklopfen. Aber auch zwischen besonders guten Freunden und unter Männern, die verwandt sind, gehört een kus oder een zoen grundsätzlich zu den Möglichkeiten. (Die beiden Wörter gelten übrigens als Synonyme.)

Liebenden stehen selbstverständlich noch ein paar Alternativen mehr zur Verfügung. Allen voran ist da de tongzoen oder tongkus. Zuigzoenen hingegen sind weniger gern gesehen. Diese Form der Liebesbekundung mündet nämlich in Knutschflecken. Die heißen im Niederländischen übrigens genauso wie ihr Verursacher zuigzoen oder zuigkus.

Kuss unter Kollegen

Anders als in Deutschland kann man sich in den Niederlanden auch in informellen geschäftlichen Zusammenhängen mit Kuss begrüßen oder Kolleginnen und Kollegen zum Geburtstag gratulieren. Mehr noch als im privaten Umfeld ist hier Feingefühl gefragt, denn längst nicht jede(r) legt Wert auf diese Form der Annäherung.

Aller guten Dinge sind drei?

Entscheidend ist auch die Zahl der Busserl. Waren es früher noch ein oder höchstens zwei Stück, hat sich der Trend in den letzen Jahrzehnten eindeutig in Richtung drei verschoben. Trotzdem kann man sich nie sicher sein, denn es gelten nicht nur regionale Unterschiede, sondern auch persönliche Vorlieben. Hier hilft es nur, genau auf die Körpersprache des Gegenübers zu achten, damit es nicht zu peinlichen Situationen kommt. Unter Freunden und Bekannten ist es aus diesem Grund nicht unüblich, sich abzusprechen.

Deutsche Innigkeit

Als ich nach Deutschland zog, musste ich mich anfangs sehr an die hier herrschenden Sitten gewöhnen. Freunde und gute Bekannte werden hier zur Begrüßung nämlich umarmt. Beim niederländischen Begrüßungskuss bewahrt man mehr Abstand. Dort berührt man den Arm oder die Schulter des Gegenübers. Für mich persönlich zeugt die Körpernähe einer deutschen Umarmung von deutlich mehr Intimität als der niederländische Dreistufenschmatz.

Das „Reibchen“

Eine gute – immer mehr in Mode kommende – Alternative für diejenigen, für die Begrüßungsküsse nicht in Frage kommen, ist das sogenannte wrijfje (wortwörtlich: Reibchen. Das Verb „wrijven“ bedeutet mit der Hand über etwas streichen.).

Bei dieser Begrüßungsform streicht man sein Gegenüber einige Male herzlich über den Oberarm. Niet zu lange und auch nicht zu doll. Het wrijfje lässt sich auch prima mit dem Händedruck kombinieren.

Kleine niederländische Kusskunde

Deutsch Niederländisch
küssen kussen, zoenen (Synomyme)
sich küssen elkaar kussen, elkaar zoenen
(der) Kuss (de) kus, (de) zoen
(der) Schmatz (informell) (de) pakkerd
(das) Busserl (Süddeutschland) (de) pakkerd, (de) klapzoen
umarmen omarmen, omhelzen
(die) Umarmung (de) omarming, omhelzing
sich drücken, sich in den Arm nemen elkaar omarmen, omhelzen
(die) Kusshand (het) kushandje
(der) Luftkuss (de) luchtkus
(der) Zungenkuss (de) tongkus, (de) tongzoen
(der) Knutscher (heftiger Kuss) (de) zuigzoen
(der) Knutschfleck (de) zuigzoen, (de zuigplek)

72 Kommentare

  1. Na ja, egal ob auf niederländische noch auf die deutsche Art, geküsst hat mich schon sehr lange keine mehr. Auch die letzte Umarmung liegt schon fast ein halbes Jahr zurück.

    Bei den Umgangsformen sind die Deutschen sehr zurückhaltend. Also wenn es mal hoch kommt, dann gibt man sich mal die Hand. Bei mir im Verein, speziell in der Hobbygruppe, gilt der Begrüßungshandschlag schon als sehr körpernah und wird meistens mit dem Kommentar versehen „Ach heute begrüßen wir uns wieder auf diese Art“, wobei das irgendwie mit einem negativen Unterton versehen wird.

    Und auch auf der Arbeit wird das nur an Geburtstagen zur Gratulation gemacht und dann oftmals ziemlich kurz. Mein ehemaliger Chef hat das allerdings sehr gerne gemacht, meistens täglich.

    Da ich leider keine niederländischen Kontakte habe, kann ich davon nichts berichten.

    • Auf der Arbeit habe ich diese Zurückhaltung auch oft festgestellt. In meinem privaten Umfeld sind die Begrüßungen jedoch meist äußerst herzlich. Es tut mir leid, dass Du da offensichtlich andere Erfahrungen hast.

    • Han Pors Han Pors

      Ich hasse das viele Küssen sowie wir das hier in Holland machen. Mit meinem Gärtnerverein
      machen wir oft einen Ausfluch mit etwa 15 Frauen,
      stell dir mal vor wie man aussieht nach der Begrüssung und dann muss es noch anfangen!

      • Ich glaube, dein Wort „Ausfluch“ bringt es hier gut auf den Punkt, Han ;)

  2. Charlie Charlie

    Wo hast du denn das Bild mit dem Ziegenpeter ausgegraben? Ist ja … om te zoenen!

    • Das ist mein Neffe – auf der Streichelwiese :-)

      • Charlie Charlie

        Dann ist Frau Langfinger, die das Zicklein hält, dein Schwesterchen?

        • Langfinger? Schwesterchen? Lass sie das bloß nicht hören ….

          • Charlie Charlie

             Oje, ich meinte: Dann habt du und die Dame mit den elegant in die Länge gezogenen Fingern doch sicher mindestens einen gemeinsamen Elternteil?
            (Eine weitere Antwort hierauf ist wohl nicht mehr nötig.)

  3. Tja, so ist das ! Zoenen, küssen …. drei oder zwei? Da habe ich auch noch die Herausforderung das meine Familie größtenteils in Belgien wohnt, da gehören drei Bussis einfach dazu. Ich glaube, die Niederländer haben es von den Belgier übernommen, als wir nach Belgie zogen (da war ich 12 …. eeewig lange her) war das noch lange kein Usus in Holland.
    Mittlerweile ist mir das geküsse sogar lästig, wenn es keine sehr gute Freunde oder Familie sind!

    • Hoi Joan, die drei Küsse haben sich tatsächlich von Süden aus über das ganze Land verbreitet ;-)

  4. Wieder ein sehr schöner Beitrag, Alex. Ich habe jedoch nicht ganz verstanden, was du mit dem Verursacher des Knutschflecks gemeint hast. Wie nennt man diesen denn nun in NL?

    Mir ist das „Geküsse“ übrigens viel lieber als der Handschlag. Ein freundliches Nicken für die, denen ich mich nicht nähern möchte, Küsschen für die Netten, aber bloß kein schlappes Schweißhändchen ;-)

    • Mit dem „Verursacher“ meinte ich den zuigzoen, Susa. Das Wort wird sowohl für diese Art von Kuss als auch für das sichtbare „Ergebnis“ verwendet.

      • Ah, oké, ich habe da beim Lesen einen Kerl vor mir gesehen. ;-)

        • Charlie Charlie

          Na, gut dass es nur einer war. Bei Gerard zum Beispiel hab ich schon des Öfteren das Gefühl gehabt, dass er einen ganzen Harem vor sich sieht!

           Ich hab’s nachgeschlagen, und es verhält sich orthographisch genau so, wie du buchstabierst: wenn’s nach dem Groene Boekje geht – und das ist ja meistens und offiziell sogar immer der Fall –, ist ausschließlich die Schreibweise oké zulässig, sowohl okay als auch o.k. sind out. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich manchmal nach den guten alten Zeiten der voorkeurspelling zurücksehne! (Wer’s nicht mehr kennengelernt hat: das bedeutet „bevorzugte Schreibweise“ und meint, dass außerdem hochoffiziell noch weitere toegelaten spellingen „zulässige Schreibweisen“ anerkannt waren, z. B. cadeau/kado, text/tekst und natürlich auch okay/o.k./oké.)

  5. Toller Artikel, vielen Dank für diese Erkenntnisse! Es freut mich zu lesen, dass man in den Niederlanden sehr viel mehr mit Frankreich „auf diesem Gebiet“ gemeinsam hat. Die Zurückhaltung in Deutschland finde ich eigentlich schade.

    • Charlie Charlie

      …und außerdem habt ihr gemeinsam, mit nur zwei Wochen Abstand Beiträge zum Thema „Küsschen“ zu veröffentlichen. Deinen Artikel fand ich übrigens auch recht meisterlich, Giselle ;-)

  6. Cornelia Cornelia

    Wunderbarer Beitrag! Ich habe allerdings noch einen Hinweis darüber vermist, auf welcher Seite man anfängt zu küssen. In meiner ersten Zeit in den Niederlanden bin ich da doch des öfteren Nase an Nase zusammengestossen :-) Inzwischen weiss ich, dass man eigentlich immer links-rechts-links zoent. Oder haben andere da andere Erfahrungen?

  7. Mareike Mareike

    Ich stimme in allem zu. Aber ich habe dazu noch eine sehr persönliche Frage aus dem familiären Bereich. Ich habe sehr viel deutsche Verwandtschaft und mir fiel im Laufe der Zeit auf, dass sich besonders enge Verwandte mit einem direkten Kuss auf den Mund begrüßen. Das war ich von meinem niederländischen Zuhause nicht gewöhnt und habe es auch mit meiner Tochter nicht so gehalten. Wir – Saskia und ich – haben das oft thematisiert und haben immer wieder Spaß an unseren Beobachtungen. Kann da jemand, insbesondere von der verehrten niederländischen Leserschaft, was zu sagen?
    Übrigens, Cornelia, habe ich das gleiche Problem: wo mit den Luftküssen beginnen? Ich würde aber mehr zu re – li – re tendieren?!

    • Lucy Lucy

      Das ist vielleicht eher eine Eigenheit mancher Deiner Verwandten?
      Ich lebe seit mehr als 60 Jahren in Deutschland, aber Küsse auf den Mund habe ich bei Begrüßungen noch nicht gesehen. Das ist doch wohl eher Leuten vorbehalten, die eine Liebesbeziehung miteinander haben, oder? Selbst für ein kleines Kind ist das eine Zumutung, finde ich. Für mich war das schon schlimm genug, daß ich als Kind allen Bridge-Schwestern meiner Oma einen Kuß auf die Wangen hauchen mußte.

      • Iris Iris

        also mein Sohn und ich küssen uns noch auf den Mund. Er wird 8 und mittlerweile ist das nur noch daheim erlaubt, da aber auch durchaus erwünscht von ihm :-) Allerdings küsst er auch wirklich nur mich und seinen Papa, und die Omas und Opas auf den Mund, freiwillig :-) wenn er das nicht mehr möchte kann er jederzeit dmait aufhören. Unter freunden habe ich das bisher nur bei Sehr jungen Teenager mädchen gesehn. Da finde ichd as aber eher merkwürdig, wenn eine Gruppe von 15 mÄdchen ins Cafe kommt, da aufeinandertrifft und isch erstmal alle „abknutschen“

    • Auch in den Niederlanden gehören Küsse auf den Mund eindeutig zur Domäne der Liebesbeziehungen. Bei der Begrüßung von Freunden und Bekannten kenne diese Gepflogenheit nicht – weder aus NL noch aus Deutschland. Ich bin mal gespannt, ob andere Leser ähnliche Erfahrungen haben wie Du, Mareike.

      Zu der Frage, die auch Cornelia schon stellte: In den Niederlanden ist die Reihenfolge normalerweise links-rechts-links. Der erste Kuss landet damit auf der rechten Backe des Gegenübers.

        • Such’s dir aus, Patricia ;-)

      • Andrea Andrea

        Ich kenne die Gepflogenheiten auch nicht, Alex. (Ich habe diese Erfahrungen, wie Mareike, nicht gemacht. Mir wäre das auch neu.)

        Ja, genau, links-rechts-links, habe aufgepasst als ich in Südholland war ;)

        Ich habe noch eine Frage, was das Küssen in den NL betrifft: Ich war ja früher viel in Friesland. So kann ich mich nicht ans Küssen erinnern, also geküsst wurde da nicht, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Passt das, Alex?

        Also, ich meine es nicht negativ. Ich habe mich immer bei den Niederländern wohl gefühlt, sowohl in der Provinz Südholland als auch in Friesland, ich finde es nur – also auch die Unterschiede – interessant.

        • „Früher“ hat man sich auch nicht geküsst, Andrea. Zumindest nicht so oft wie es jetzt eigentlich überall in den Niederlanden zur Begrüßung der Fall ist.

          PS: Ein Thema fürs Forum?

  8. Mel Mel

    Interessanter Beitrag, Alex. Ich bevorzuge auch das Deutsche umarmen.

  9. Li – re – li, das mache ich dann instinktiv richtig. Es sind wohl meine niederländischen Genen, die das mit sich bringen. In meinen jungen Jahren wurde überhaupt nicht gekusst — außer in Familien- und Liebesbeziehungen natürlich. In Leiden, wo ich studiert habe, wurde jeder Körperkontakt gemieden. Beim Vorstellen ein distanziertes Händeschütteln, und das war es dann für immer. Ich war verwundert als ich dann einmal Amsterdam besuchte, wo die Kusswelle schon eingetroffen war und die Menschen, auch Männer, sich küssten, dass es das Zeug hielt. Sind die denn alle schwul geworden, habe ich noch gedacht.
    Jetzt schüttele ich ständig Hände von Deutschen, küsse und umarme wie es von mir erwartet wird, aber so ganz von Herzen geht es bei mir noch immer nicht.

    • Beim Umarmen bin ich manchmal auch etwas zurückhaltend, weil es für mich in Richtung einer Intimität geht, die mir in manchen Fällen unangenehm ist. Aber bei richtig guten Freunden und Freundinnen gefällt mir diese Art der Begrüßung besonders gut.

      • Ich bin selber Niederlanderin.. komme aus Zuid Limburg.
        Bei uns heißen die drei küssen Respekt Anerkennung und
        Liebe.

        Mir allerdings is die DE-Version lieber. Ein guter Händendruck ist respektvoller als die knutscherei.

        • Ich finde mal das eine, mal das andere – je nach Situation und Person – angemessen. Letzten Endes ist es eine Gefühlsentscheidung.

          Die deutsche Entsprechung zu den niederländischen Küsschen ist die Umarmung, wie ich im Artikel schreibe. Den Händedruck gibt es in beiden Ländern.

      • Andrea Andrea

        Das sehe ich genauso. Ich umarme auch nur gute Freunde.

  10. Hallo Alex, ich bin 1999 nach Holland gezogen um dort zu arbeiten und war die erste Zeit verwundert wie herzlich die Menschen dort mit einander umgegangen sind,das obligatorische Küssen bei der Begrüßung (bei Frauen wie bei Männern)kannte ich aus Deutschland garnicht,aber ich habe sehr schnell Gefallen an dieser Art der Begrüßung gefunden und heute werden in Berlin in unserem Pannekoekhuis gute Freunde und Stammkunden mit 3 Küsschen Begrüßt und Verabschiedet….

    • Hi Andreas, hier in Hannover kenne ich einen niederländischen Kneipenwirt, der Stammkunden ebenfalls mit drie zoenen begrüßt. Da fühlt man sich doch gleich heimisch :-)

  11. Michael Michael

    Oh je, Begrüssungs-Riten sind bei internationalen Kontakten ein sensibles und zugleich wichtiges Thema. Und werden es bleiben, weil sich laufend Veränderungen vollziehen, die man als Ausländer auf Gelegenheitsbesuch nicht mitbekommt. Ich will gar nicht von anderen Kontinenten erzählen, nur hier ein Beispiel, dass weiter östlich auch der Kuss auf den Mund ganz normal zum guten Benehmen dazugehören kann:

    Sozialistischer Bruderkuss
    https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistischer_Bruderkuss
    (Honneker kannte das noch von seiner Zeit bei der Kaderschule in Moskau während des 2. Weltkrieges)

  12. Mal wieder ein schöner, aufschlussreicher Beitrag. Ich selber bevorzuge auch die deutsche Umarmung, die dann aber auch für Leute reserviert ist, die ich besonders mag.

    Mit der niederländischen „zoenetikette“ kontte ich mich nie richtig anfreunden, was mit Sicherheit an mir liegt. Beim Lesen deines Beitrags ist mir übrigens klar geworden, was mich dabei stört: „Beim niederländischen Begrüßungskuss bewahrt man mehr Abstand. Dort berührt man den Arm oder die Schulter des Gegenübers.“ Wenn man schon diesen Abstand bewahrt, würde es doch auch reichen, sich die Hand zu geben, finde ich. Die drei Küsse finde ich vor allem bei größeren Familienzusammenkünften furchtbar anstrengend. Ik word altijd zo moe van dat gedoe. ;)

    • Vor allem in größeren Gesellschaften bevorzuge ich auch das Händeschütteln. Je nachdem, wie formell oder informell die Zusammenhänge sind rufe ich auch mal ein fröhliches goedenavond allemaal bzw. hallo und einen guten Abend zusammen in die Runde.

  13. Ich kenne das überhaupt nicht, dass man sich hier in den Niederlanden als Verwandte auf den Mund küsst, ich würde sagen: Igittigitt!!!
    Mit den li-re-li stimmt es nicht immer, Ich habe schon manche Zusammenprallungen erlebt, was dann mehr oder weniger peinlich war. Ich bleibe in dieser Hinsicht irgendwie immer etwas unsicher. Mit meinem deutschen Cousin habe Ich mich im November stundenlang rumgekuschelt: das war dann wohl ein Fall vom Bekannten: was sich liebt……. Wir hatten uns aber auch Jahrzehnte nicht gesehen. Seine Schwester, meine Cousine, habe ich dreimal geküsst, aber ihr Mann lässt dies nicht zu, zweimal reicht ihm- und das machte er mir klar durch seine Körpersprache!

    • Die Abfolge li-re-li ist tatsächlich nicht in Stein gemeißelt, aber in den meisten Fällen fährt man damit recht gut.

    • Bouke Bouke

      Verwandten auf dem Mund küssen, genau, bah! Ich bin halt mit Wange aufgewachsen, aber ich kenne tatsächlich Menschen, die kind/eltern auf dem Mund küssen. Für mich kommt das überhaupt nicht in Frage.
      Es ist schon ein Thema was mich jetzt beschäftigt, weil wie willst du deine Nichte (von der Seite deiner Frau) beibringen, dass du, anders als ihre Tante, sie nicht auf dem Mund küssen willst? Und erfährt das Kind das als ablehnung? Es ist mir einfach peinlich. Ich find’s einfach eglich (wie schreibt mann das überhaupt?), und werde noch was zu überwinden haben wenn meinen Nachwuchs zur Welt kommt – meine Frau hat schon angekündigt, dass sie unser Kind auch auf dem Mund küssen wird. Ich find das eigentlich ganz und gar nicht okay, aber ich kann und solls ja nicht verbieten. Schwieriges thema!

      • Tina Tina

        „Verwandte auf den Mund küssen…“

        Also, nach meinen Erfahrungen finden es Kinder eher lästig, Verwandte ständig küssen zu müssen. Mir und meinem Bruder ist es jedenfalls so gegangen. Es könnte also durchaus sein, daß deine Nichte dir sogar dankbar ist, wenn du sie mit der ganzen Küsserei verschonst. Meine Nichte (8 Jahre) küßt mich auch nicht, und ich dränge mich ihr damit nicht auf.
        Und Babys soll man schon gar nicht auf den Mund küssen, das ist nämlich nicht nur ekelig (da weißt du gleich, wie man das Wort schreibt), sondern damit werden auch Krankheitserreger übertragen. Säuglinge haben ja noch ein schwaches Immunsystem. Es wäre also besser, wenn du deiner Frau das ausredest, bevor euer Kind krank wird.

  14. Bob Bob

    Für wen die deutsche Umarmung auch etwas zu intim ist: man kann es ja so machen dass man sein gegenüber nur mit der Schulter berührt, und nicht mit dem ganzen Rumpf. Nennen wir es die abgestufte Umarmung.

  15. Sieke Sieke

    Also, ich kenne das mit dem Kuss auf dem Mund in der Verwandtschaft schon. Eine Oma meines Mannes wurde immer zusätzlich zum Händeschütteln per Kuss begrüßt. Das Fatale war, dass man dabei an der Hand gehalten und somit fast ein bisschen von ihr zu sich gezogen wurde. Das war für die gesamte Familie eine Selbstverständlichkeit, es war mir aber immer so unangenehm, dass ich jedesmal versucht habe es zu vermeiden. Gottseidank oft auch erfolgreich…

    Im Freundeskreis gilt in meinem Umfeld alles als gesellschaftsfähig, vom saloppen ‚Hallo‘ bis zur herzlichen Umarmung, auch Küsschen hier und da sind völlig ok. Und es wird je nach Enge der Freundschaft, Anlass und Menge der Leute, die zusammenkommen, auch alles praktiziert.
    Ich finde es immer ein wenig lästig, wenn ich z.B. zu einer Geburtstagsfeier komme, wo schon ca. 15 Leute anwesend sind und ich muss mich dann um die Möbel hangeln, damit ich jeden per angemessener Geste persönlich begrüßen kann. Da würde mir immer ein freundlicher Gruß in die Runde genügen.
    Bei der Arbeit bevorzuge ich den klassischen Händedruck, solange es kein feuchtkaltes Schlaffi ist.

  16. Bouke Bouke

    Mir ist dieses Unterschied auch eine weile problematisch gewesen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, weil ich das irgendwie verinnerlicht habe. Aber am anfang habe ich meine Schwiegermutter und Schwägerin schon manchmal aus versehen ein oder zwei Küsse aufm Wang gegeben. Das ging eifach so automatisch dass ich es nicht verhindern konnte, und es war immer so peinlich! Zum Gluck wussten sie wie und warum, aber trotzdem… Jetzt passiert mir das also so gut wie gar nicht mehr, nur manchmal noch, und immer zak ik door de grond van schaamte. Aber ich habe das umarmen echt umarmt vor allem bei gute Freunde. Die Freundschaft verdient einfach einen herzlichen Gruß, und nur eine umarmung mit oder ohne schulterklopfen gibt das her.

  17. Hm. Ich habe das „nicht-erotische Küssen“ im Osten kennengelernt. Und zwar in:

    1. Rußland. Der Bruderkuß zwischen Männern auf den Mund zu feierlichen und/oder besoffenen Gelegenheiten.

    2. Im russischen Orient / Kaukasus. Der orientalische Begrüßungskuß – ebenfalls unter Männern. Also dieses ein- oder zweifache Wangen-Aneinanderlegen unter halbwegs guten Freuden, das man hier ab und zu unter Türken sieht.

    Beides sind schöne Gesten.

    Und weil ich sie mag/mochte, empfinde ich das westeuropäische Party-Bussi zwischen nicht-liierten Männern und Frauen als geradezu widerlich – eben als schwul und dekadent.

    Ich weiß, daß ich damit hierzulande einen schweren Stand habe, aber ich mach’s trotzdem nicht. :-)

    Der Beitrag von Emigrant oben beruhigt mich ein bißchen – es gibt also auch noch andere Leute, denen das zumindest suspekt ist, auch wenn sie es nicht so radikal wie ich sehen. ;-)

    Was Frauen unter sich machen (bei Tupper-Partys, Häkelkränzchen, feministischen Zusammenkünften etc. pp.), interessiert mich nicht.

    • Gna, das wichtigste vergessen:

      Nämlich ein Lob des Handkusses, der die allerbeste Art ist, mit der ein Mann eine Frau feierlich begrüßen kann. :-)

      • Bouke Bouke

        Aber dann ja mit Beugung! Wenn schon, denn schon.

        • Selbstverständlich. :-)

          (Das geht ja schon körperlich kaum anders, wenn Du nicht die Handfläche küssen willst. :-D )

          Und das ist echt eine tolle Geste, wenn sie „sitzt“.

      • Lucy Lucy

        An Klaas und Bouke:
        in welchem Jahrhundert lebt Ihr denn? Im 19.? Und wie soll, Eurer Meinung nach, eine Frau dann einen Mann begrüßen? Huldvoll die zarte weiße Hand entgegenhalten? Hier war doch vom Alltag die Rede und nicht vom Opernball. Und mit Alltag meine ich keinesfalls ein „Häkelkränzchen“.

        • Lucy,

          Huldvoll die zarte weiße Hand entgegenhalten?

          Exakt. Und es gibt nach wie vor Milieus, in denen das zu bestimmten Gelegenheiten Usus ist – nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland, und nicht nur „beim Opernball“.

          Und in Milieus, in denen es nicht Usus ist, läßt sich damit immerhin ein hübscher kleiner Knalleffekt und eine bestimmte Empörung erzielen. :-) Wie angedeutet, es braucht dann ein gewisses, ironisches Verschwörertum zwischen Dame und Herr. Mit Trampeln und/oder Stoffeln geht das nicht… Und übertreiben muß man es auch nicht.

      • Andrea Andrea

        Der Handkuss ist in Polen üblich.

    • Tina Tina

      Ich habe mal gelesen, daß Eskimos bei der Begrüßung die Nasen aneinander reiben. Also ehrlich, da wäre mir ein niederländischer Wangenkuß doch lieber ;-).

    • Lucy Lucy

      „Widerlich, schwul und dekadent“, Klaas? Sollen das Synonyme sein?
      Überleg mal, ob das nicht eine neue Diskussion anheizt, die hier gar nicht gefragt war.

  18. Shuffle Shuffle

    Bei meiner donauschwäbischen (jugoslawiendeutschen) Verwandtschaft hat man sich beim Zusamentreffen umarmt und geküßt, in meiner bayerischen Verwandtschaft dagegen mußte man sich schon verdammt lang nicht mehr gesehen haben und verdammt vermißt haben, damit man sich auch nur ähnlich verhielt! ;-) In Frankreich ist das Küssen zur Begrüßung auch ganz normal, allerdings gibt es bezüglich der Zahl der Küsse auch regionale Unterschiede, zwei sind jedoch relativ verbreitet!

  19. Mareike Mareike

    Liebe Alex, ich bin begeistert von den Reaktionen hier! Es ist schon ein heikles Thema, dieses „Auf-den-Mund-Küssen“ bei Verwandten. Ich finde es einfach widerlich, aber bin in eine (übrigens niederrheinische) Verwandtschaft geraten, die so miteinander umgeht. Von meiner Familie war ich das so gar nicht gewöhnt. Nun fühle ich mich sehr bestätigt und kann freier den Küssereien der Verwandten aus dem Wege gehen!

    • Ich fand es auch sehr aufschlussreich, die verschiedenen Meinungen und Erfahrungen zu lesen!

    • Andrea Andrea

      Ja, das verstehe ich und da bin ich mit dir einer Meinung. Ich finde auch, dass es nicht sein muss.

  20. Mijn twee Nederlandse vrienden (een man en een vrouw) begroeten en nemen afscheid van mij met altijd drie zoenen op de wang: een rechts, een links, een rechts of een links, een rechts, een links. Deze manier van begroeten ken ik in Duitsland helemaal niet, maar heb dat wel in Zuid-Frankrijk voor het eerst meegemaakt. Zodoende had ik in Nederland al een voorervaring.

    • Die französischen Gepflogenheiten in Sachen küssen erwähnte Shuffle weiter oben auch schon. Meine Kollegin Giselle hat in ihrem Blog einen schönen Beitrag dazu geschrieben.

  21. Gernot Gernot

    International ist die Welt!

    Brasilianische Buerokollegen aus Sao Paolo kamen vor Kurzem auf Besichtigungsfahrt zu uns in Hamburg. Weltklug sind sie beiden, erstaunlicherweise puentklich und auch Deutsch koennen sie recht gut. Am Dienstag frueh mussten wir sie vom Hotel abholen. Hector steht schon im Lobby, erspaeht mich vom Concierge, eilt sich zu mir herueber und kuesst mich dreimal, so wie in alten Hollywood-Filmen. Ganz erroetet, total geniert, weiche ich mich langsam aus seiner Umarmung aus und sage ihm leise vor der Oeffentlichkeit, „BITTE…. tu’s bloss nie wieder!“

    Ich bin kein Niederlaender, also wuerde mich nicht in seine Lage versetzen, doch als Deutscher, stimmt, bin schon (typisch)….NICHT kussfreudigLOL

    Ausser meiner lieben Frau ist mir eine gewisse Koerpernaehe doch eher angemessen:-)

    • Du meinst vermutlich eine gewisse Distanz?

      Mit brasilianischen Begrüßungen kenne ich mich nicht aus, aber bei den niederländischen Küsschen wahren die Beteiligten mehr körperliche Distanz als bei der deutschen Umarmung.

  22. Gernot Gernot

    …Distanz naemlich zu ‚Nicht-Bekannten‘ bzw. Fremden:-) Eben, das meine ich schon!
    Mit deutschen Umarmungen ausser wiederum meiner Gattin kenne ich mich [bislang] nicht ausLOL Wie’s die Briten so schoen ausdruecken, „Alternative -Lifestyles“, sind doch eine voellig andere Sache ^^^

    Mir gehoeren z.B. Berufskollegen (u. -innen), Mitarbeiter (u. -innen) usw. in die Kategorie ‚Bekannte‘, nur keine ‚Fremden‘, allerdings kaeme eine naehere Begruessung als einfach ‚Hallo!’/’Guten Tag! bzw Abend!‘ und eine zackige Haendedruck, nicht in Frage.
    In der Beziehung bin ich, vielleicht leider, nach wie vor ‚typisch‘ deutsch:-)

  23. […] dem unbedarften deutschen Leser jedoch nicht. So küssen sich längst nicht alle Niederländer drei Mal. Auch ist der Unterschied zwischen einem Intercity und einem sneltrein längst nicht so groß, wie […]

  24. Immer wieder interessante Beiträge! Danke dafür. Meine Studenten erfreuen sich auch daran.

    Ein kleiner Fehler: es ist nicht der Überarm sondern der Oberarm über den man bei der Begrüßung streicht.

    Ich freue mich immer über neue Beiträge – weiter so!

    • Danke für die Korrektur Anne, ich hab’s angepasst.

      Schön, dass buurtaal dir und deinen Studenten Spaß macht. Wo unterrichtest du?

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