Last updated on 09-05-2024
„Beschuit met muisjes“ isst man in den Niederlanden traditionell zum Geburt eines Kindes.
Diese Woche bin ich zum sechsten Mal Tante geworden. Um die Geburt meines Neffen Jochem gebührend zu feiern, hatte ich michbereits im Vorfeld mit niederländischem beschuit – rundem Zwieback – eingedeckt.
Dieses Gebäck wird traditionsgemäß, mit speziellen Zuckerstreuseln belegt, an den Besuch verteilt, der den oder die neue:n Erdenbürger:in begutachten kommt.
Zwieback mit „Mäuschen“
Muisjes (buchstäblich: Mäuschen) nennen sich die Streusel, die in diesem Fall aus umzuckerten Anissamen bestehen. Ist das Neugeborene ein Mädchen, sind die muisjes weiß und rosa; bei einem Jungen – wohl kaum eine Überrasschung – weiß und blau.
Warum „Mäuschen“?
Für die Herkunft der Bezeichnung muisjes gibt es mehrere mögliche Erklärungen. Zum einen haben die gezuckerten Anissamen (wenn man seine Phantasie bemüht …) eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Maus. Zum anderen dürfte auch das Sinnbild der Fruchtbarkeit, das dem kleinen Nager anhaftet, eine Rolle bei der Namensgebung gespielt haben.
Anis an sich wird seit jeher schon heilende oder gesundheitsfördernde Kraft zugeschrieben. Schon im Mittelalter – der Entstehungszeit dieser Tradition – war außerdem bekannt, dass Anis die Produktion der Muttermilch anregen kann.
Zungenbrecher „ui“
Aber wie spricht man nun dieses beschuit met muisjes? Der Klang ui (phonetisch: [ʌy], oder auch [œч]) ist einer der insgesamt drei Doppellaute, die im Niederländischen vorkommen. Die Vokale „u“ und „i“ verschmelzen zu einem Laut. Sie werden also nicht getrennt gesprochen. Die anderen beiden niederländischen Doppellaute – auch Diphthonge genannt – sind [ɛi] und [ɑu].
In der Tat ist die Aussprache von „ui-Wörtern“ für die meisten Deutschen kein so einfaches Unterfangen. Am ehesten klappt es vielleicht, wenn man sich an dem französischen Klang [œɪ̯] – so wie im Wort fauteuil – orientiert.
So klingt beschuit met muisjes:
Hallo Alex,
beschuit met muisjes haben für mich eine ganz wichtige Rolle gespielt:
Als ich 1967 meine Töchter bekommen habe, da kam auch meine niederländische Schwiegermutter mit einer größeren Portion ins Krankenhaus, natürlich rosa-weiß. Nicht, daß ich diese nun so besonders „lekker“ gefunden hätte, aber sie haben mich gerettet. Um 5 Uhr morgens habe ich nämlich zwei Kinder gestillt, und das Frühstück kam erst um 8 Uhr!
Gruß: Lucy.
Aha, dann hat sich die Beschuit-met-Muisjes-Tradition also bewährt ;-)
Hi Alex,
herzlichen Glückwunsch zu der „dreifachen Tante“.
LG Andrea
Vielen Dank, Andrea!
[…] und Lucas sind derzeit die beliebtesten Vornamen für Neugeborene in den Niederlanden. Das geht aus der Vornamendatenbank des Meertens Instituut hervor, die seit dem […]
Muss man denn wirklich erst ein Kind bekommen, ehe man die essen darf?
Das bleibt jedem selbst überlassen …
[…] man sich über die Aussprache einig ist. Stolpersteine sind hier vor allem die Vokale oe, u, eu und ui, den Zischlaut sch und das harte niederländische […]
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[…] Paket mit echten niederländischen Leckereien, darunter Haagse hopjes, borrelnootjes, hagelslag und beschuit. Sollte die oder der glückliche Gewinner(in) zu den 12,58 Prozent der Leser gehören, die in den […]
[…] Streuselform wieder. Bei der Geburt eines Kindes wird der Wochenbettbesuch in den Niederlanden traditionsgemäß mit rundem Zwieback bedacht, der entweder mit rosa-weißen oder mit blau-weißen gezuckerten […]
Kurz und knapp: für die Aussprache des niederländischen „ui“ holt man sich am besten einen sächsischen Bekannten oder Kollegen, und lässt den (dt.) „Haus“ oder (dt.) „Verhau“ in seinem allseits beliebten Dialekt intonieren. Das ist nämlich EXAKT dieser „ui“ Laut. ;-)
Das französische Wort hat mir garnicht geholfen. Nach der Audiodatei und dem Sachsentipp bin ich unsicher und
schwanke bei „beschuit met muisjes“ zwischen Diphtong von ai (wie in “Hai, Ei oder Haieier), öi (Sachsendialekt) und oi (wie in Boiler, Leute, oder Käufer).
Ich glaube aber der niederländische Fußballer „Dirk Kuyt“ bzw. „Dirk Kuijt“ wird jedenfalls mit öi-Diphtong ausgesprochen und nicht mit oi-Diphtong. Kommt das dem holländischen Mäuschen nahe?
Das oi kommt das niederländische ui näher als das ai in hai, trifft es aber nicht ganz. Das niederländische ui ist schärfer. Wenn ich es beschreiben müsste würde ich es zwischen oi und oei einfügen. Dafür ist das niederländische oe-diphtong, nicht ö sondern u gesprochen
uy und uij sind nur andere (alte) Schreibweisen von ui. Das „uij“ in Kuijt spricht sich also wie das „ui“ in muisjes.
„Ai“ und „oi“ klingen deutlich anders als „ui“ und sind aus dem Grund nicht als Anhaltspunkte zu empfehlen.
[…] Tremas dienen dazu, Verwirrung zu vermeiden. Würde man sie nicht schreiben, würde man oo und uu in den oben genannten Beispielen einfach als langen Vokal sprechen und ui und oe als Diphthong. […]
[…] Vokal, der für Deutschsprachige am Schwierigsten auszusprechen sein dürfte, ist der Doppellaut ui. Wer Französisch kann, ist im Vorteil, denn er klingt ähnlich wie das “eui” in […]
ich konnte erst Norwegisch bevor ich Niederländisch gelernt habe – das ‚ui‘ (NL) ähnelt dem norwegischen ‚au‘, auch wenn ich mir jetzt nicht so sicher bin, ob das für beide „Sorten“ Norwegisch (bokmaal und nynorsk) gilt, aber ich glaube, schon. Und dabei komme ich aus Sachsen – über den Hinweis, jemandem in dickem Sächsisch ‚Haus‘ sagen zu lassen, musste ich schmunzeln, aber ich muss sagen: da ist tatsächlich was dran ;)
Aha, das ist interessant, Olivia. Norwegisch kenne ich leider gar nicht, aber vielleicht ist dieser Tipp für den einen oder anderen Leser ganz praktisch :-)
[…] (het) kraambed […]
Nach längerem Grübeln bin ich inzwischen dabei angekommen, das niederländische „ui“ wie eine Lautfolge ähnlich einem sehr schnell und zusammenhängend (und wohl leicht verschliffen) ausgesprochenen deutschen „äöü“ zu beschreiben. Oder vielmehr eigentlich als etwas genau zwischen „äöü“ und „aou“, da das „ä“ stark zum „a“ und das „ü“ stark zu einem sehr offenen „u“ oder sehr geschlossenen „o“ tendiert, und das „ö“ den wenigsten Anteil am Klangbild hat und lediglich sozusagen die Transition vom Anfang zum Ende abmildert. Das gibt, finde ich, die Lautschrift [ɶy] nach IPA recht gut wider.
Hrmpf! In meinem Kopf klang diese Erklärung noch ganz einfach. Aber wenn ich das jetzt so lese …
Die Hilfestellung des französischen [œɪ̯] finde ich auch etwas irreführend, da das doch eher einem (deutsch ausgesprochenen) „öi“ nahekommt.
Für Sachsen ist die Aussprache von „ui“ tatsächlich leichter, denke ich (bin selber Sachse), da zum Beispiel das „au“ in einem sächsisch ausgesprochenen „Zuhause“ (etwa [t͡sə’hɶʏːzə]) dem niederländischen „ui“ recht nahe kommt – zumindest nach meinem Klanggefühl. ☺
Liebe Alex, was mir in der Aussprache des Niederländischen vielleicht am meisten Unsicherheit beschert, ist die Aussprache des „r“, für das es nach meinem Empfinden im Niederländischen mindestens drei verschiedene Aussprachevarianten gibt:
– [ɹ], das „dunkle R“, ähnlich dem im amerikanischen Englisch üblichen „r“; z. B. in „maar“
– [r], also an der Zungenspitze gerollt; oft am Silbenanfang bzw. vor Vokalen
letztere Variante verschwimmt für meine Ohren oft mit etwas wie
– [ʀ], also am Gaumenzäpfchen gerollt
und zu guter Letzt vielleicht noch
– [ʁ], also im Rachen „geriebenes R“, ich würde es mal das „norddeutsche R“ nennen
Soweit ich das bisher bei Niederländisch-Sprechern gehört habe, wird dabei nicht von jedem Sprecher nur eine Variante genutzt (abgesehen vom sogenannten Schwa-Laut nutzen die meisten Deutschen in der Deutschen Sprache eher nur jeweils eine Variante für alle, je nach Nord-Süd-Gefälle ja meist entweder die zweite (Süden) oder die vierte (eher Norden) obige Variante), sondern durchaus recht bunt gemischt. Gern auch im gleichen Wort. Das wäre doch mal ’nen Artikel wert, oder? Oder hab’ ich den nur übersehen?
Hoi Rico,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Obwohl ich Dein „äöü“ nachvollziehen kann, weiß ich nicht, ob dem „gemeinen“ Deutschen, der die Aussprache des niederländischen „ui“ meistern möchte, damit wirklich geholfen ist ;-)
Das „r“ gibt es im Niederländischen in vielen Varianten und es passiert tatsächlich oft, dass ein Sprecher mehrere davon in seinem Repertoire hat. Das wäre wirklich mal ein Thema für einen Post. Danke für den Hinweis!
„Ui“ Aussprache: Sagt das englische „ey“ und ersetzt das e durch ein ö. LG
Das geht glaube ich schon ziemlich in die richtige Richtung, Caro. Vielleicht hilft es dem/der einen oder anderen. Danke!
[…] Themen sind Feiern (Geburtstag und Geburt), Weihnachts- und Nikolausbräuche und die niederländische “we-zien-wel”-Einstellung […]
[…] niederländisch: Beschuit met aardbeien – Zwieback mit […]
[…] mensen vinden de Nederlandse klinker ui onuitspreekbaar. – Manche Leute finden den niederländischen Vokal “ui” […]
[…] Aussprache des Doppellauts ui hingegen, bereitet so einigen Deutschen Kummer. Die Vokale „u“ und „i“ verbinden sich im […]
Heel goed Alex, een beetje nederlandse traditie verduidelijkt voor duitsland.
Bedankt René :-)
Aus Westfalen kenne ich eine ganz ähnliche Tradition. Hier bei uns gibt es „Beschüüt med Sukker“. Ohne „muisjes“, aber auch zur Geburt oder Taufe serviert.
Das ist ja interessant! Danke Arne :)
Beschüüt med Sukker könnte aus einem Niederländischen dialekt herkommen
Ich habe zwei Kinder bekommen in den Niederlanden. Bei jedem ‚kraambezoek‘ wurden unweigerlich beschuit met muisjes serviert. Irgendwann hing es mir dann doch echt zum Hals raus und hab ich verzichtet. Dennoch finde ich es eine sehr schöne Tradition.
Zur Geburt von Prinzessin Amalia, Alexia und Ariane gab es sogar für kurze Zeit oranje muisjes in den Läden zu kaufen. Offenbar geht diese Tradition zurück auf die Geburt von Prinzessin Beatrix 1938. Geschmacklich unterscheiden sich die muisjes übrigens nicht voneinander.
Guten Tag Alex, habe deinen Artikel mit Interesse gelesen. Gibt es auch Geschenke, die zur Geburt eines neuen Erdenbürger überreicht werden? Etwas traditionelles in deiner niederländischen Heimat? Herzlichen Grüße und bleib gesund , Bernd
Hallo Bernd, ein typisches „traditionelles“ Geschenk fällt mir nicht ein. Oft bringt man babykleertjes (Babykleidung) mit, oder ein knuffelbeest (Stofftier)